April

Jeden April – und wie schnell ist wieder einer da! − fallen mir »meine« April-Gedichte ein. Es sind drei, aber wir sehen uns nur die Anfänge an. Die Dichter sind T. S. Eliot, Joseph Brodsky und Manuel Vázquez Montalban. Meist geht es um die erwachende, allmählich aufblühende Natur, denn das Wort April kommt von lateinischen Verbum öffnen, auch wenn das nicht sicher ist. Mein Lateinisch-Wörterbuch nennt nur apricor, sich sonnen.  

Die berühmteste Stelle stammt aus The Waste Land des amerikanischen Literatur-Nobelpreisträgers (1948) Thomas Stearns Eliot (1888−1965).  Ich glaube, im englischen Sprachraum kennen viele noch diese Verse vom Anfang, in denen auch München vorkommt, meine Heimatstadt. 

April is the cruellest month, breeding
Lilacs out of the dead land, mixing
Memory and desire, stirring
Dull roots with spring rain.

Nach vier Zeilen dann so schön:

Summer surprised us, coming over the Starnbergersee,
With a shower of rain; we stopped in the colonnade,
And went on in sunlight, in the Hofgarten,
And drank coffee, and talked for an hour.

Es ist ein wunderbares langes Gedicht, so elegisch und rätselhaft, und Eliot selber hat (über ein anderes Werk) gesagt, manchmal habe er es einfach laufen lassen und gar nicht gewusst, was er da schrieb.  

Übersetzt etwa:

Der April ist der grausamste Monat, er brütet
Lilien aus über totem Land, er mischt
Erinnerung und Verlangen, er weckt
dumpfe Wurzeln mit Frühlingsregen.

Und dann überraschte sie der Sommer, der über den Starnbergersee mit einem Regenschauer kam, und sie machten Halt in den Kolonnaden, und dann, im Sonnenschein, gingen sie in den Hofgarten, den man kennt: ein paar Schritte vom U-Bahnhof Odeonsplatz entfernt.

Dann Joseph Brodsky (1940−1996), ein Russe, der in Venedig und dann in den Vereinigten Staaten gelebt hat und auch den Nobelpreis bekam (1987). Grab auf der Friedhofsinsel San Michele, Venedig. Hey, da war ich mal! Fand aber nur das Grab von Strindberg.

Verse im April

Auch vergangenen Winter
Wurde ich nicht verrückt. Und der Winter
Ist inzwischen zu Ende. Ich kann
das Getöse des Eisgangs
und den grünenden Flaum
unterscheiden; das heißt: ich bin gesund.

Gute Bemerkung von Giovanna hierzu: Der Winter sei in Russland ja wohl eine andere Sache, etwas härter als bei uns. Da kann man schon mal verrückt werden.

♥ 

Und dann noch Manuel Vázquez Montalbán (1939−2003), der Mann aus Barcelona, der durch seine Kriminalromane mit dem Detektiv Pepe Carvalho bekannt geworden ist. War befreundet mit Andrea Camilleri, dem produktiven Alten, der ihm zuliebe seinen Kommissar Salvo Montalbano taufte (»Montalbano sono!«). Wie in einem früheren Beitrag geschrieben, sind das – wie die von Montalbán – großartige Bücher, und die Verfilmungen auch.

Nada quedó de abril …  

Era distinto abril, entonces
había alegría, y rastro de mejillones
en la escollera, canciones
a la orilla de crepúsculo, pretendientes
vanamente apostados en las esquinas
tras las persianas verdes remendadas

Nichts blieb vom April … 

Es war deutlich April, demnach
herrschte Fröhlichkeit, und Spuren von Miesmuscheln
auf dem Wellenbrecher, Gesänge
im Ohr der Dämmerung, und spähende Männer
ungefähr in den Ecken stehend,
verdeckt von grünen, geflickten Jalousien … 

Pretendientes sind wohl Bewerber, Freier, also jedenfalls hoffende Männer, vom Frühling bewegt.

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