Kaga no Chiyo

In seinem Buch Zen und Japan erwähnte (1958) Suzuki eine japanische Haiku-Dichterin, und das machte mich neugierig. Sie heißt Kaga no Chiyo, wurde im Februar 1703 geboren und starb 1775. Man stellte sie in die Nachfolge von Matsuo Basho (1644-1694), dem unerreichten Meister des Haikus, einem Naturgedicht von 17 Silben. 

270px-Caga_no_Chiyo_standing_beside_a_wellChiyo-ni, wie sie auch genannt wird, wurde schon im jungen Alter gepreisen. Mit noch nicht 20 heiratete sie, doch ihr Kind starb und dann gleich ihr Mann, und sie kehrte in ihr Geburtshaus zurück, um ihre Eltern zu pflegen. Sie schrieb:

Die Eltern, älter als ich
sind meine Kinder.
Dieselben Zikaden

Als die Eltern gestorben waren, ging sie als Nonne in ein buddhistisches Kloster, damit nach ihren eigenen Worten ihr Herz lernen könnte, klar zu werden wie das reine Wasser, das Tag und Nacht fließt. Sie war 52 Jahre alt, und da fielen mir wieder die beiden großen spanischen Theaterdichter ein — Lope de Vega und Calderon de la Barca — , die in demselben Alter sich zu Priestern weihen ließen. Bekannt wurde Chiyos Gedicht über ihren Brunnen, an dem eines Morgens Winden wuchsen, die zu entfernen sie nicht das Herz hatte, denn sie blühen nur einen Morgen. Sie ging zu Freunden, um dort Wasser zu holen.

Mein Trog ist gefangen
Von der Windenblüte.
So bitt‘ ich um Wasser.

Das Bild rechts, das auch den englischen Wikipedia-Eintrag ziert, stammt von Utagawa Kuniyoshi (1798-1861) und bezieht sich auf die oben erwähnte Geschichte. — Vergessen wir dabei nicht Ono no Komashi, die japanische Poetin aus dem 9. Jahrhundert.

× × ×

Eine zeitgenössische Chiyo gibt es auch, Chiyo Kitahara. Sie schrieb schon mit 16 ihre ersten Gedichte, und in einem Interview sagt sie Erstaunliches:

Kitahara_Chiyo_1-150x150Ich glaube, dass meine Werke schon fertig sind, bevor ich zu schreiben anfange, slso schreibe ich, als würde ich ein Buch lesen — wie die italienische Autorin Natalia Ginzburg einmal sagte. Ich schreibe am Comuter, nicht mit der Hand auf Paier. Wenn ich dasitze vor dem Monitor, tauchen plötzlich Fragmente eines Gedichts auf.

Chiyo hat vergangenes Jahr ihr fünftes Buch veröffentlicht. Mini-Auszug:

Schmetterling!
Das Gold von Blütenblättern!
Von woher bekommen sie nur diesen Ruf?
Von dem Haus am Ölsamenfeld hin zur Stadt, in der Züge fahren
Ich frage mich, wieviele Blütenblätter
— einzelne und Paare — zur Stadt fliegen.

 

 

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