Flugverkehr (154): R-101 und der 5. Oktober 1930

Jetzt kommt die Geschichte um das Luftschiff R-101, und es wird viel spannender als im Beitrag von vor acht Jahren. Dann Arthur Ford war dabei; nicht beim Absturz am 5. Oktober 1930 nach 2 Uhr am Morgen, sondern bei einer Séance 60 Stunden später in London, als der Kapitän H. Carmichael Irvin sich meldete. Davon erzählte Ford. 

In einem Labor von Harry Price an der Queensberry Place fand die Séance statt, und Price, ein ziemlich skeptischer Parapsychologe, ließ sich später vernehmen, es sei sein »aufregendstes Erlebnis als Zeuge außersinnlicher Vorgänge« gewesen. Wir lassen Ford den Beginn der Sitzung am 7. Oktober 1930 schildern, so rutschen wir ins Geschehen hinein. Eileen Garrett (1893-1970) war das Medium.

Die Sitzung fand um drei Uhr nachmittags, also bei vollem Tageslicht statt. Wir nahmen unsere Plätze an einem Tisch gegenüber dem Hauptmedium dieser Zusammenkunft ein. Eileen Garrett schloss ihre Augen, gähnte und entspannte sich so, dass sie beinahe vom Sessel rutschte. Nach fünf Minuten war sie völlig in Trance. Sogleich begann Uvani aus ihr zu sprechen, wie stets zunächst in gebrochenem Englisch: »Hier spricht Uvani. Ich grüße euch, Freunde …« Es folgten die üblichen, etwas umständlichen Segenswünsche. Dann sagte er: »Ich erkenne einen I-R-V-I-N-G oder I-R-V-I-N. Er sagt, er muss unbedingt etwas unternehmen. … Nein, er gehört zu niemandem hier — er entschuldigt sich für seine Störung. Scheint unbedingt mit einer Dame sprechen zu wollen: Dora, Dorothy, Gladys … Er sagt: »Kümmere dich nicht um mich, aber um Himmels willen, gib es ihnen weiter. Das Luftschiff ist zu schwer für diese Motorenkapazität.«

330px-R101_and_cowsNormalerweise melden sich Gesprächspartner, die einen an der Séance Beteiligten kennen. Nun aber: ein Drop-in-Communicator, ein hereingeschneiter Gast. Scheint dringend zu sein. Ein Mann in Panik. Er stellte sich als H. Carmichael Irvin vor und war der Kapitän des Luftschiffs (und nicht sein Pilot, wie Wikipedia schreibt, die den Kapitän als Raymond Hinchcliffe bezeichnet, der aber in englischen Quellen nirgends erwähnt wird), übrigens des größten der Welt. Es war auf 280 Meter verlängert worden, um mehr Gas transportieren zu können, und war damit 10 Meter länger als die berühmte, 1912 gesunkene Titanic. 54 Passagiere waren an Bord.

450px-R101Das »Schiff« überquerte den Kanal, und bereits dabei wurde die Außenhülle beschädigt. Ziel war Karatschi, in Ägypten wollte man »auftanken«, folglich war die R-101 nördlich von Paris noch schwer und träge, zudem hatte sich die Sicht verschlechtert. Um 1 Uhr war noch alles in Ordnung , Carmichael Irvin sah sich im Raucherraum um und ging dann wieder auf die Brücke. Um 1.43 Uhr brach der Funkkontakt ab. Wo man war, wusste man nicht, als eine Bö das Luftschiff mit der Nase nach unten brachte, und der nächste Sinkflug (der Erste Steuermann weckte Kollegen und sagte: »We’re down, lads«) ließ das Gefährt bei Beauvais einen Hügel berühren, wo es explodierte. Sechs Menschen überlebten. Großbritannien baute nach dem Desaster keine großen Luftschiffe mehr.

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Irvin, der durch das Medium redete, schien sehr erregt zu sein. … Harry Price schrieb mit:

Die Motoren sind zu schwer … das Höhensteuer klemmt. Eine Explosion, die durch Gewitterspannungen hervorgerufen wurde. Fliegen zu niedrig und können nicht höher steigen. Der Auftrieb ist zu gering. Belastung zu groß für einen langen Flug. Gilt auch für SL 8. Sagt es Eckener. Geschwindigkeit lässt nach, Schiff schaukelt bedrohlich. Starke Spannung an der Außenhülle, die brüchig wird. Steuerbordverstrebungen haben sich gelockert. Erprobung war zu kurz … Luftschrauben sind zu klein. Kraftstoffeinspritzng schlecht und das Kühlsystem versagt … Die Außenhülle ist mit Wasser vollgesogen, das Schiff sackt nach vorn ab. Aufsteigen ist nicht möglich. Kann nicht trimmen. Sie werden verstehen, dass ich ihnen das sagen muss. Schon fünfmal hatte ich diese Schwierigkeiten — das neue Steuerungssystem ist schlecht. Zwei Stunden lang versucht, höher zu gehen, aber die Steuerung versagte. Fast hätten wir die Dächer von Achy gestreift, hielten uns entlang der Eisenbahnstrecke … Von Anfang an wussten wir, dass wir keine Chance hatten und dass es an der Steuerung lag. Konnten nicht mehr höher steigen. Ich mache mir Sorgen um eine Frau und ein Kind …

Die Stimmlage des Mediums änderte sich, und Uvani — Garretts »Control« — sprach: »Er kommt nicht zu uns, er sagt: ›Dieselmotoren, Steuerung und Gas. Wir können nicht mehr aufsteigen.‹« Das Medium schwieg, nachdem es diese Live-Reportage empfangen hatte. Es war sichtlich erschöpft.

Arthur Ford meint übrigens, die Gedanken des Luftschiffkapitäns seien »verspätet« bei der Empfängerin Garrett eingetroffen und schreibt:

Solche Verzögerungen, besonders von Übermittlungen aus dem Äther, sollen häufig vorkommen. Desgleichen Abirrungen der gesendeten Gedanken vom gewünschten Weg…. Andeutungen … lassen tatsächlich darauf schließen, dass er die Botschaft für so dringend hielt … und er diesen stockenden, verzweifelten Bericht unbewusst zwischen Leben und Tod gesendet hat, sterbend noch in der Hoffnung auf Rettung in letzter Minute.

∃ ∀ Ë

Denken wir an den Telepathie-Flug, den manipogo vorgestern im Programm hatte. Da gab es keine Probleme. Für Telepathie sind Räume und Zeiten kein Hindernis. Darum scheint mir Fords Erklärung einer atmosphärisch bedingten »Verzögerung«, die ja 60 Stunden betrug — eine sehr lange Zeit —, nicht schlüssig. Vielleicht hat sich Kontrollgeist Uvani auf diese Szene »eingebeamt«, die dramatisch war; irgendwie schwebte in die Gedanken als Paket umher und fanden in der Séance ihre Adressaten.

Es war, als wären die Séancenteilnehmer in diesen dramatischen Minuten dabeigewesen. Das ist möglich. Es gibt Geschichten von Wanderern, die plötzlich durch eine »Zeitfalte« in ein anderes Jahrhundert traten, wenngleich nur als Beobachter. Wir können jedoch ganz real uns in einer vergangenen Situation unseres Lebens finden. Wilder Penfield hat das bei Probanden ausgelöst, indem er gewisse Hirnareale aktivierte. Manchmal hören Touristen Schlachtengeräusche von vor Hunderten Jahren. Darüber muss später einmal gesprochen werden.

 

 

 

 

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