Unser astraler Doppelgänger
Das Buch Die Aussendung des Astralkörpers, schon 1929 erschienen, hat mir gezeigt, was versäumt ward. Da hat manipogo dauernd über Seele, Geist und Bewusstsein nach dem Übergang geschrieben, doch es blieb vage. Wie fliegen diese drei Bestandteile in die Andere Welt? Antwort: mit dem Astralkörper, unserem geisterhaften Doppelgänger.
So geisterhaft ist der Astralkörper auch nicht, der stellenweise auch »Geistkörper« oder »Traumkörper« genannt wird und von dem Sylvan Muldoon in dem genannten Buch (mit Hereward Carrington; deutsch im Hermann-Bauer-Verlag 1983) schrieb:
Der Astralkörper durchdringt den physischen Körper vollkommen. Da beide Körper »stofflich« sind, ist es einleuchtend, dass beide die gleiche Gestalt haben; und der Astralkörper ist in seiner Erscheinung ein genaues Ebenbild des physischen Körpers. Da er den sogenannten Tod überlebt, wird er von anderen Menschen gesehen, die im Augenblick des Todes zugegen sind, als genaues Ebenbild des physischen Körpers.
Beide sind sie stofflich, doch der Astralkörper ist es in viel geringerem Maße, ist »feinstofflicher« oder »geistiger« Natur. Sir Oliver Lodge, der Chemiker war, bevor er sich dem Spiritualismus zuwandte, führte näher aus:
Der Unterschied zwischen den beiden Arten des Stoffes ist der, dass die Atome und Moleküle des geistigen Stoffes unendlich viel feiner sind und mit einer höheren Geschwindigkeit schwingen als die Atome des physischen Stoffes.
Was aus Stoff besteht, hat auch Gewicht. Wie Muldoon schildert, wog der Arzt Douglas MacDougall einmal Sterbende und wiederholte das Wiegen nach deren Tod: In vier von fünf Fällen waren die Toten rund 50 bis 60 Gramm leichter geworden (2 bis 2,5 Unzen, schreibt Muldoon). So viel wiegt möglicherweise der Astralkörper. 1907 wurde die Studie veröffentlicht, die man natürlich als unwissenschaftlich verteufelte. Auch kursiert die Zahl von 21 Gramm als »Gewicht der Seele«, wie sie MacDougall errechnet haben soll. (So hieß auch ein Film von Alejandro Gonzaléz Iñárritu von 2003 mit Sean Penn in der Hauptrolle.)
Muldoon sagt uns:
Der Astralkörper ist so sehr unser wirkliches Ich, dass wir nicht begreifen, wie wir damit verbunden sind: wir scheinen nicht zu verstehen, dass wir ihn jetzt in diesem Augenblick benutzen. Dieser Astralkörper ist unser wirkliches Leben, und wenn er sich für immer vom physischen Körper trennt, so hat dieser physische Körper keine weitere Bedeutung mehr.
Sylvan J. Muldoon war Amerikaner und lebte von 1903 bis 1969. Als das Buch erschien, war er erst 25 Jahre alt und hatte bereits einige hundert Astralausflüge hinter sich. Er war einer der wenigen Menschen, die spontan dazu in der Lage waren, meint aber, in jedem sei diese Fähigkeit angelegt. In jeder Nacht entferne sich der Astralkörper vom physischen Körper, mit dem er durch eine silberne Kordel verbunden ist, dem Astralband.
Er ist so etwas wie eine Nabelschnur. Sie ist sie ungeheuer elastisch und verdünnt sich, wenn man sich weiter entfernt. An diesem Band wird man zurück in seinen Körper geschleudert (oder gezogen), doch gefährlich ist das nicht. Freilich, wenn bei einem Unfall das Astralband reißt, tritt sofort der Tod ein. Wenn die Medizin jemanden noch zurückholen kann, war die Kordel eben noch intakt. Bricht sie, kann auch eine Supermedizin nicht mehr helfen.
Bekanntermaßen heißt es im Buch Kohelet des Alten Testaments, das im 3. Jahrhundert vor Christus entstand, vieles werde geschehen,
ja, ehe die silberne Schnur zerreißt, / die goldene Schale bricht, / der Krug an der Quelle zerschmettert wird, / das Rad zerbrochen in die Grube fällt.
Also: ehe man stirbt. Der Astralkörper ist unser wirkliches Ich, ist der Träger unseres Bewusstseins und der Seele (und auch des Geistes, also der Lebenskraft), und in ihm schauen unsere Testpiloten von der Decke hinab auf den Operationssaal oder die Unfallstelle. Es gab sogar (medial begabte) Zeugen, die an einem Sterbebett zusahen, wie sich eine Gestalt aus dem zermarterten Körper erhob, sich straffte und entschwand: wie die Schlange, die aus ihrer alten Haut schlüpft und sie zurücklässt wie ein zerschlissenes Kleid.
Unsere Testpiloten sagten ja, sie hätten »eine Art Körper« gehabt. Dieser Körper ist auch meist bekleidet. Nach dem Tod und in der astralen Welt wirken die Gedanken und sorgen für Kleidung; und wenn man an jemanden denkt, ist man schon dort. Man bewegt sich manchmal mit mittlerer Geschwindigkeit, doch auch Lichtgeschwindigkeit ist möglich.
Robert Monroe hat viel über seine Astralreisen geschrieben, andere Protagonisten sind Bruce Moen und William Buhlman. Vergessen wir aber Swedenborg und Paulus nicht.
Emanuel Swedenborg (1688-1772) schrieb in Himmel und Hölle:
In dieser Weise bin auch ich vom Herrn in die Himmel und auf die Erdkörper im Weltall geführt worden und zwar dies dem Geiste nach, während der Körper an demselben Ort blieb.
Und Paulus erzählte in seinem zweiten Brief an die Korinther (12,1-7) von einem, der »entrückt« wurde (unter Experten herrscht die Ansicht, er habe sich selbst gemeint):
Ich kenne jemanden, einen Diener Christi, der vor vierzehn Jahren bis in den dritten Himmel entrückt wurde; ich weiß allerdings nicht, ob es mit dem Leib oder ohne den Leib geschah, nur Gott weiß es. Und ich weiß, dass dieser Mensch in das Paradies entrückt wurde; ob es mit dem Leib geschah oder ohne den Leib geschah weiß ich nicht, nur Gott weiß es. Er hörte unsagbare Worte, die ein Mensch nicht aussprechen kann.
Mit dem Leib oder ohne? Mit dem Astralleib, lautet die Lösung. Ich bin froh, dass der Astralkörper endlich mal dargestellt wurde; damit bekommt alles eine Gestalt.
Illustrationen: Die beiden oberen sind aus dem genannten Band, ohne Namen; das Bild unten rechts ist von Patricia D. Ludlow und aus dem Buch »Die astrale Projektion« von Douglas Baker (Edizioni Crisalide, Spigno Saturnia, 1997).