Pluto

Wir können Pluto, den Clyde Tombaugh entdeckt hat, nicht so unbeachtet durchs All treiben lassen. Der Himmelskörper hat damals, 1930, den Namen des altgriechischen Chefs der Totenwelt bekommen und sein Mond (so einen hat er auch) den von  Charon — der Fährmann, der im Mythos der Griechen die Toten über den Flus Styx setzt. Eigenartig. Da gibt es noch mehr, wenn man mehr will … 

RkentonIch kam darauf, weil ich in meinem Kabbala-Ordner Auszüge aus einem Buch von Warren Kenton (1933-2020) fand, von dem  Wikipedia weiß, dass er eigentlich Z’ev ben Shimon Halevi hieß (rechts im Bild). In seiner Einführung in die Kabbala schrieb er 1972:

In der Mitte des spirituellen Dreiecks befindet sich der Planet Pluto, …  der fernste Planet im Sonnensystem. In diesem Schema stellt er den Punkt des Übergangs vom Sonnensystem zur Milchstraße dar … Er wirkt als Umwandler von Energie und Substanz, die ins System hinein- und aus ihm herausfließen. … Seine Umlaufbahn gleicht nicht denen der anderen …

Es ist gesagt worden, dass Pluto in Wirklichkeit nicht zu unserem Sonnensystem gehört: kein Zufall. Er ist das entscheidende Bindeglied zwischen dem, was im Sonnensystem und dem, was außerhalb ist. Pluto bewirkt bedeutende innere Veränderungen. (…) Pluto, der verborgene Planet der verborgenen Veränderungen, steht direkt mit Themen des Geistes in Verbindung. Sein Prinzip der unsichtbaren Transformation ist zwischen den Funktionen von Uranus und Saturn wirksam. (…)

s-l400plutoDer Frage, wie die Planeten ihre Namen erhielten, kann ich extra einmal nachgehen. Da man einmal den Namen Pluto hatte, lag Charon irgendwie nahe, oder? Am Anfang war bei den alten Griechen Saturn oder Kronos, der seine Kinder verschlingen wollte, dann aber von seinem Sohn Jupiter überwältigt wurde. Jupiter teilte sich mit seinen Brüdern Neptun und Pluto die Welt. Jupiter (oder Zeus) wurde Chef, Neptun bekam die Meere zugesprochen und Pluton (bei den Lateinern Pluto; links zu sehen als Statue) die Unterwelt, den Hades. Er entführte die schöne Proserpine (oder Persephone), was die griechische Variante des Sündenfalls darstellt, und machte sie zu seiner Mitregentin. Charon führte ihm die neuen Bewohner zu.

shutterstock_651304057In der Astrologie spielen die Planeten eine Rolle. Zum Beispiel ist Pluto (nach AstroWoche) vor elf Tagen ins Sternbild Wassermann eingetreten (meines), nachdem er 15 Jahre im Zeichen des Steinbocks unterwegs war.Um unsere Sonne zu umkreisen, braucht der Zwergplanet 248 Jahre. Auf der Oberfläche des Pluto herrschen minus 220 Grad Celsius, etwas weiter oben sind es noch 170 minus. Bis 11. Juni bleibt der Pluto im Wassermann, kehrt wieder für 7 Monate in den Steinbock zurück, um am 22. Januar 2024 erstmal bei uns zu bleiben, vielleicht auch 15 Jahre. Was bedeutet das? »Eine Zeit der Veränderungen und des Fortschritts« laut  AstroWoche und »großartige technische Innovationen«. Bloß nicht! Davon haben wir mehr als genug!

2023-04-01-0001Die jüdische Kabbala kreist ja um die 10 Sefiroth, die Erde und Himmel verbinden. Auch da sind alle Planeten vertreten. Ich habe sie links angemerkt, Pluto habe ich dabei gestrichelt eingezeichnet. Er steht für die unsichtbare Sefira Daat im Zentrum (die Assoziation zu death ist vielleicht nicht zufällig: Transformation), die selbst Zentrum ist, da sie symbolisch alle Sefiroth in sich vereinigt; Daat bindet und verbindet alles: Tod und Leben, Gut und Böse, Mann und Frau im sexuellen Akt, und er bringt Oben und Unten zusammen.

Weil das natürlich etwas unheimlich ist, ist Daat mit Pluto zusammengebracht worden — und dabei denke ich nicht zufällig an Pluto, den Hund von Micky Maus (oder Donald?). Wie die OIPolutoDisney-Leute wohl dazu kamen, diesem harmlosen Hund diesen schicksalsträchtigen Namen zu verleihen? Vermutlich, weil der Name wirklich nett klingt. Übrigens nannte der Philosoph Platon, den die Römer Plato nannten, Pluton, den wir als Pluto kennen, als den Gott des Reichtums. Er meinte, man habe den Hades — die Unterwelt — ungern ausgesprochen, also nahmen sie Pluto her, und der Mythos fand die Geschichte dazu.

In meinem Versepos Das Jahrhundertrennen ist Pluto natürlich der Chef des Friedhofs, der sich bald einführt:

Er schiebt den Zettel rüber, fasst Sue in den Blick
und zögert leicht. Er sagt: »Nun seh ich euch, ich weiß.
Ihr seid erwählt, euch sandte das Geschick,
das mit nem Flash mir gab den Überblick.
Ihr habt Bedeutung für Karlsruhe und für Drais.«
Er sagt zu Sue: „Man nennt mich Pluto, Kenner der Mythologie
Sind nicht erstaunt. Ein Pseudonym. Der Chef der Unterwelt,
von Zeus ― wie von der Stadtverwaltung ich ― bestellt.
Ich wuchs hier auf und hab mich fortbeweget nie
von hier. Mein Vater tat den Job, und ich bereits in jungen
Jahren beschloss, ihm eines Tags es gleichzutun.
Ein Job mit Zukunft! Ich werde hier auch einmal ruhn,
hab mir ein schönes Grab am Hügel ausbedungen.«

Wenn’s darin um das Jenseits geht, herrscht der Reim a-b-b-a vor, der umarmende (oder umschließende) Reim. Da freut sich der Kenner und die Kennerin.

 

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