Alchemie und Seele (3)

Im Rosarium und in der ganzen Alchemie geht es hauptsächlich um die Vereinigung von Gegensätzen innerhalb des Individuums, sagt uns Schwartz-Salant. Es hieß immer (in der Einzahl): der Aufstieg der Seele. Dennoch spielt sich zwischen zwei Menschen, die intensiv zusammen sind, immer etwas ab; doch wo geschieht das?

Das, sagt uns der Therapeut weiter, lässt sich nicht genau angeben. Wir sind mit jemandem zusammen, der schlecht drauf ist, und die Stimmung greift auf uns über; oder wir fangen Gedanken unseres Gegenübers auf; oder wir sind plötzlich beide gleichermaßen begeistert oder niedergeschlagen, weil es einer von uns ist. Hoch ansteckend sind wir!

OIP.QwUrbSC2EzCHZmVJCKOvNQHaF8Die Alchemie glaubte, dass da etwas im feinstofflichen Körper geschieht (etwa Energiekörper oder Astralkörper). Doch wir sind ja zwei! — Laut Carl Gustav Jung verbinden sich die unbewussten Strukturen von Animus und Anima, aber das hilft nicht viel weiter. Veränderungen geschehen weder innerhalb noch außerhalb der Personen. Der Psychologe Winnicott sprach von einem Übergangsraum und von einem dritten Bereich, einer anderen Dimension: Womöglich entsteht zwischen uns ein dritter unsichtbarer Körper, in dem Gefühle hin- und herwandern. Das können wir nur mit dem Auge der Imagination wahrnehmen, wie Schwartz-Salant meinte.

In seinem Buch Psi-Heilung meinte Alfred Stelter, der Prozess einer Heilung könne von einem Sensitiven womöglich gesehen werden.

So behauptet Gordon Turner, dass beim Heilen durch Handauflegen, sobald der Heiler seine Hände auf den Patienten legt, ein Verschmelzen ihrer beider Auren stattfindet. Innerhalb weniger Minuten ordnen sich alle vorher vorhandenen Farben einem vorherrschenden Blau unter, das sich weit über die normale Grenze der Aura hinaus ausdehnt.

Zufällig fiel mein Blick auf das Buch Weg der Erfüllung von W. Brugh Joy (1939-2009). Ich nahm es an mich, schlug es auf — und sah eine Stelle, die genau passte! Er schrieb:

Beim Übergang vom gespaltenen zum vereinigten Bewusstsein kann die Vorstellung eines in der Mitte liegenden Raumes hilfreich sein.

SDC10438Ein Lehrer oder eine Lehrerin kann helfen. Freilich wird auch der »Guru« durch die Interaktion verändert, doch vor allem bringt er seine innere Kraft ein, um den anderen zu heilen. Brugh Joy, der seinen Job als ärztlicher Internist aufgab, um Menschen zu heilen, meinte das mit dem Raum in der Mitte ganz konkret. Bei einer Meditation in der Nähe von Pondicherry in Indien sah er sich in einem großen, zentral gelegenen Zimmer sitzen, das in der zweiten Etage einer Villa von anderen Räumen umgeben war. Diese anderen Räume entsprechen den vielfältigen Strömungen unseres Bewusstseins. Man muss sie klar sehen lernen, und wenn man symbolisch die Trennwände beseitigt, tritt Vereinigung ein.

William Brugh Joy experimentierte mit der Hellseherin Carolyn Conger, die ihm zur Telepathie sagte,

dass man gar nichts sendet oder empfängt: In diesem Bewusstseinszustand, wo telepathische Impressionen erfahren werden, sind Sender und Empfänger ein und dieselbe Person. Es ist nur ein weites Beispiel für das holographische Prinzip. 

colDieses Gefühl des Einsseins mit allen Lebewesen wird oft denen zuteil, die eine Todeserfahrung machen. Wenn ihr Bewusstsein befreit ist, sehen sie, dass ihr vereinzeltes Bewusstsein nur der Teil des Großen Bewusstseins ist, dass es zu allen anderen gehört: Wir sind alle eins. Wir streben danach, eigenständige Personen zu werden, doch letztlich wollen wir zu einem Allheitsgefühl zurückfinden. Und wenn wir intensiv zusammen sind, haben wir diesen dritten gemeinsamen Körper, der uns zu einem macht, ohne dass wir uns berühren müssen.

 

 

 

 

 

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