Flugverkehr (156): Leila
Als ich vor zehn Jahren ein Buch über die Zeit schrieb, hielt ich mich oft am Flughafen Zürich auf. Damals fing es an, dass ich Lust hatte zu reimen, und also fasste ich eine kleine Szene ab. Mittlerweile schreibe ich nur noch manipogo in Prosa, ansonsten möchte ich mich an Theaterstücken versuchen, in denen die Akteure in Reimen sprechen, das hat Form und Stil.
Ich stellte mir vor, Rudi (mein Held) lebt mit Leila zusammen, einer Stewardess von Qatar Airways. Sie fliegt bald ab, und er möchte sie noch einmal kurz sehen. Kürzlich war ich gerade draußen, als der gigantische Airbus A-380, der zwei Minuten zuvor gestartet war, sich anschickte, übers Haus zu röhren, und unten las man die Aufschrift Emirates. Dieses Flugzeug kann bis zu 850 Passagiere fassen! Ist es zu fassen?
Er spricht:
Schon dreizehn Uhr elf, ich muss mich sputen.
Denn Leila wartet nicht, muss ich vermuten.
Ich rede einfach, und den anderen wird klar,
dass ich am Handy bin, mein Partner unsichtbar.
Ich glaube kaum, dass es sehr stört.
Es ist ein Flughafen, wo viel Geräusch man hört.
Ich gehe weiter, und ich sehe Leila gleich,
Gehe zu Qatar Airways und verkleide mich als Scheich.
Leila hinter dem Counter, Rudi taucht auf.
R.: O Leila, Stern des Orients!
L.: Rudi, ach du, sag mir gleich, wo brennt’s?
Ich bin nun gar nicht lyrisch aufgelegt.
Vorm Einchecken brennt’s überall, ich bin erregt.
Sie küssen sich.
L.: Wo hab ich denn mein Käppi hingelegt?
R.: Da hinter dir am Tresen liegt doch eins.
L.: Stimmt genau, das ist ja meins.
R.: Das Käppi wär ein Grund, bei Qatar Airways anzuheuern.
L.: Das ist für Frauen. Männer dürfen nur das Flugzeug steuern.
Hier ist die Liste, gleich bricht hier das Chaos aus.
Und in drei Tagen bin ich ja wieder zu Haus.
R.: Ich wollte dir noch was erzählen …
L.: Das kannst du in drei Tagen, nun sollst mich nicht quälen
mit deinen Stories. Gieß die Blumen brav.
R.: Ja, das mach ich, bin ja doch dein Schaf.
Sie küssen sich. Leila ergreift das Mikrofon:
L.: Der Flug nach Doha ist einstiegsbereit.
Wir starten pünktlich, fünfzehn vierzig, wenig Zeit.
Rudi, mach’s gut, ich denk an dich, wenn wir
Gleich fliegen über unser Haus — und winke dir!
Leila wendet sich ab.