Herbert Riehl-Heyse

Vor zehn Jahren ist der große Journalist Herbert Riehl-Heyse gestorben, der die Seite 3 der Münchner Süddeutschen Zeitung zu einem fast literarischen Ereignis machte. Auch das Streiflicht auf Seite 1 links oben, die man eine Glosse nennt, hat er geprägt. Er war zwei Jahrzehnte lang einer der einflussreichsten Autoren der deutschen Presse, und sein zurückhaltender Stil mit seiner feinen Ironie machte Schule.

Es war im Sommer 1979, als ich mich mit zwei anderen Bewerbern einem Komitee von Star-Journalisten gegenübersah. Sie wollten prüfen, ob wir geeignet waren, in die Deutsche Journalistenschule aufgenommen zu werden. Riehl-Heyse wirkte gemütlich mit seinem leicht grauen Bart, dem wohlwollenden Grinsen und der Ruhe, die er ausstrahlte. Er war mir wohl gewogen, denn eine kritische Situation war entstanden, als einer aus dem Komitee wissen wollte, ob ich Gemeinderatssitzungen besuche. Ich war ehrlich und sagte: nein. Riehl-Heyse meinte dann ironisch, es gehöre wohl ein gewisser Masochismus dazu, sich diesen Veranstaltungen auszusetzen.  

Herbert Riehl-Heyse, gezeichnet von mir

Ich kam hinein in die Schule. Er gab uns Unterricht über die Reportage und sagte freimütig, eigentlich könne er wenig darüber sagen, er mache das halt so, mit Intuition und Erfahrung, und wir müssten selbst herausfinden, wie das gehe. Dann marschierten wir los, kamen zurück und hackten in die Schreibmaschine, was wir herausgefunden hatten.

Mittlerweile, eine Generation später, ist für die meisten von uns der Journalismus Vergangenheit. Manche haben große Karriere gemacht, die nun schon hinter ihnen liegt und bewegen sich rapide auf die Pensionierung zu.  Michael Mandlik war in meiner Klasse und war zuletzt im Bayerischen Fernsehen bei der Verabschiedung des Papstes zu sehen.  

Herbert Riehl-Heyse wurde dann leitender Redakteur der SZ und machte Ende der 1980-er Jahre noch einen Karriereschritt: Chefredakteur des Stern. Da habe ich ihn das letzte Mal gesehen und gesprochen, in einem Aufzug in Hamburg. Er blieb nicht lange bei denen dort oben, ich glaube, Chefredakteur war nichts für ihn, er wollte schreiben, herumreisen und mit Leuten reden. Ein paar Bücher hat er auch verfasst, doch die Ironie als durchgehendes Konzept trug nicht immer, und vielleicht war die Welt auch nicht mehr empfänglich für die feinen Töne.  

Er hatte dann einen Gehirntumor und schrieb, immer noch launisch, über seine Krankheit. Dass er in dem Ort Eichenau lebte, 25 Kilometer westlich von München, verband uns. Da habe ich auch 15 Jahre meines Lebens verbracht. Komisch, dass ich ihn nie an der S-Bahn-Station sah, wenn ich zur Uni fuhr. Zwei Lebensbahnen hatten sich immerhin gekreuzt, und auch viele andere erinnern sich noch gern an den Mann aus Altötting, der zeigte, wie man seriösen Journalismus macht, und dass Humor immer auch dazugehört.              

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