Auf den Spuren Masettis

Luigi Masetti (1864-1940) unternahm als Abgesandter der Zeitung »Corriere della Sera« 1893 eine Fahrradreise von Mailand nach Chicago, wozu eine Überfahrt mit dem Schiff gehörte. Giulia Baroncino, eine junge Leserin, will morgen von Mantua losfahren, um 130 Jahre später die Reise zu wiederholen.

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Der Gründer des »Corriere« bezeichnete Masetti als den »Anarchisten des Fahrrads«, aber das war nur ein schicker Journalisten-Ausdruck. Damals, ab 1880, herrschte die »heroische Epoche« des Fahrrads, und viele Abenteurer machten sich auf den Weg. Einer von ihnen war Frank G. Lenz, der 1891 auf zwei Rädern die Vereinigten Staaten durchquerte, danach Indien und China. Am 9. Mai 1892 verloren sich in Kurdistan seine Spuren; vermutlich wurde er ermordet.

Am 15. Juli 1893 fuhr Luigi Masetti ab — durch Frankreich hoch nach England, wo er in Southampton ein Schiff bestieg, das ihn nach New York trug. Nach 7000 Kilometern mit dem Rad kam er in Chicago an. Er wurde sogar vom US-Präsidenten empfangen. Nach weiteren Reisen startete Luigi Masetti am 1. Mai 1900 zu einer titanischen Anstrengung, die ihn durch den ganzen Nahen Osten bis Russland führte. Dort traf er sogar den Schriftsteller Lew Tolstoj.

Unverständlich darum, dass sich die Spuren Masettis (oder seiner Reifen) gleich nach 1900 schlagartig im Nichts verloren. Von ihm weiß man nur noch, dass er am 22. Mai 1940 in Mailand starb und dort ein Grab hat.

Giulia Baroncino betreibt einen Blog, der heißt »Wenn ihr mich sucht, bin ich unterwegs«. Die junge Italienerin aus dem Nordosten des Landes (wie Masetti) will an den ersten italienischen Fern-Radreisenden erinnern. Sie nimmt von Gatwick ein Flugzeug und ist gut elektronisch ausgerüstet, um ihre Leser auf dem Laufenden zu halten. Wie Masetti möchte Giulia als krönenden Abschluss US-Präsident Biden sprechen und im November wieder zurück sein.

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Sicher schreibt sie ein Buch über ihre Reise. Radfahrer haben viel zu erzählen, weil sie als langsam Reisende (slow travellers) oft nette Leute treffen und auch Zeit haben, sich ihnen zu widmen.

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