TestpilotInnen (52): Maxl Graf

Warum sollte es nicht auch Testpiloten in Bayern geben? Ein Fundstück aus dem Roman, um den manipogo gerade kreist, half mir. Zitiert wird der, der später Oskar Maria Grafs Vater werden sollte, der Max Graf, Bäckermeister zu Aufkirchen bei Berg am Starnberger See.

Das Leben meiner Mutter erschien auf Deutsch erst 1946, doch zunächst 1940 auf Englisch. Damals wusste man natürlich noch nichts von Nahtod-Erfahrungen, aber muss man etwas davon wissen? Todesnähe und Rückkehr ins Leben werfen einen durcheinander und lassen einen zu philosophischen Gedanken kommen. Der Maxl erzählt in dem Buch eine Episode aus dem Krieg 1870/71 gegen Frankreich. Er war nicht richtig im Jenseits, doch er ist gezeichnet von der Erfahrung:

DSCN1266»Lasst euch sagen!« hub der Maxl wiederum an, »wie ich bei Orleans mit meinem Handschuß auf’m Acker gelegen hab … Die Unsern sind über mich weg, überall haben Verwundete  und Halbtote geschrien, gekracht hat’s, und der Boden hat ‚zittert … Inwendig bin ich ganz strohtrocken und brandig gewesen und hätt‘ hektoliterweis Wasser saufen können, und geschlottert hab ich … gefroren hab‘ ich … Gmeint hab‘ ich, jetzt ist’s aus, und bin eingeschlafen.

Ich denk‘ noch, wie’s wohl sein wird in der Ewigkeit, und denk‘, wie er aussieht, unser Herrgott, und was jetzt alles passiert. Und ich schnauf‘ noch einmal ganz fest, denk‘ an meinen Vater selig und was daheim sein wird, und sag‘ noch: »No ja, ist schon, wie’s ist, Herrgott! Bloß dumm, dass alles so schnell geht« — und aus ist’s gewesen …«

Alle waren verstummt und hörten zu.

»Und wie die Unsrigen mich holen, wie sie mich wegreißen vom gefrorenen Acker, und ich mach‘ die Augen auf, da tut mir alles weher wie vorher, und ich denk‘, das ist aber gräuslich in der Ewigkeit, genau wie auf der Welt … Der Herrgott, oje, oje! Der hat ja faktisch einen Bart wie jeder Mensch. … Zu was bin ich eigentlich gestorben? Da merk‘ ich auf einmal, dass ich leb‘ und dass der Mensh ein alter Sanitäter ist, und wie ich den Schluck Rum krieg‘, da ist’s mir auf einmal so wohl wie nie geworden … Herrgott, sag‘ ich, der Mensch übersteht alles! Es ist doch schön auf der Welt. Es ist ganz was Großartiges, was Wunderschönes!«

Der Maxl hob in einem Anflug von Stolz und dankbarer Freude den Krug und lächelte wie beseligt: »Und seitdem hab‘ ich mir gesagt, Maxl, es muß was Übernatürliches geben! Das ist da drinnen!« Er deutete mit dem gespitzten Zeigefinger auf seine Brust: »Das bringt mir Glück!«

 

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