Video-Installation, Fahrrad, Tierhaut

Der südafrikanische Künstler Gavin Younge schuf 1998 eine Video-Installation, die aus einem Fahrrad mit Videorekorder und Monitor besteht; die Tierhaut ist zwischen das Rahmendreieck gespannt (sehen wir gleich unten). Es hieß Forces Favourites (favorisierte Kräfte) — nach einem Radiowunschkonzert, das in Südafrika ausgestrahlt wurde, während 5000 Soldaten des Landes in Angola kämpften und dort Menschen töteten. 

1998 war in Fellbach bei Stuttgart eine Ausstellung zur Kleinplastik eröffnet worden, und das Motto hieß Zeitgenössische Kleinplastik — Europa/Afrika. Damals bekam ich den Katalog und war gleich von der »Installation« fasziniert. Einmal bat ich um die Erlaubnis, das Bild verwenden zu dürfen, doch es kam keine Antwort. Ich habe das Bild etwas verfremdet.

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Zitieren wir gleich, was im Katalog steht. Mein Blick fiel zunächst auf das Grußwort. Es kam vom deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl. Er regierte mit 5 Kabinetten seit 1982, und als die Auisstellung begann (am 17.10.1998), war er nur noch 9 Tage Kanzler.

s200_gavin.youngeGavin Younge war Professor für die Schönen Künste (Fine Arts) in Kapstadt. Er ist als Bildhauer, Autor und Kurator tätig, hat viele Ausstellungen bestückt und viele Preise erhalten. Younge ist international gefragt (seine Homepage hier).

Zu seinem Fahrrad zitieren wir aus dem damaligen Katalog zur 7. Triennale der Kleinplastik:

Gavin Younges Videoinstallation »Forces Favourites« ist benannt nach einem südafrikanischen Radiowunschprogramm, das während der ungefähr zwölf Jahre ausgestrahlt wurde, in denen südafrikanische Truppen im »Grenzkrieg« in Angola kämpften. Anführungszeichen sind notwendig, weil Südafrika gar keine gemeinsame Grenze mit Angola hat. Im April 1997 machte Gavin Younge eine Fahrradtour durch die Ruinen und Minenfelder von Cuito Cuanavala. Auf den Gepäckträger hatte er eine Videokamera festgeschnallt, das Licht war ausgeschaltet. Er war dort im Rahmen der Intervention »Memorias Intimas Marcas«, einem Projekt, an dem ein angolanischer, ein kubanischer und ein südafrikanischer Künstler arbeiteten.

Diese Ausstellung setzte sich auseinander mit den Verbindungen zwischen dem örtlichen, individuellen Trauma und einer historischen Katastrophe, die ihre Auswirkungen auf die gesamte südafrikanische Region hatte. Das Augenmerk wurde besonders auf die Beziehungen zwischen den drei Hauptakteuren — Südafrika, Angola und Kuba — und den dramatischsten Moment ihres militärischen Zusammenpralls gerichtet: die Schlacht bei Cuito Carnavala.

Angola liegt im Südwesten Afrikas und ist etwa so groß wie Frankreich, Belgien, die Niederlande, Spanien und Portugal zusammen. Das riesige Land hat aber nur 33 Millionen Einwohner. Es war 1483 von Portugiesen heimgesucht und erobert worden. 1576 wurde die heutige Hauptstadt Luanda gegründet. 1951 war es eine portugiesische Überseeprovinz, und 1960 brach ein Bürgerkrieg aus, der 15 Jahre später, 1975, mit der Unabhängigkeit endete, der sofort wieder ein Bürgerkrieg folgte. Der marxistischen MPLA stand die rechtsgerichtete UNITA gegenüber. Die MPLA wurde von der Sowjetunion und Kuba unterstützt, die UNITA von den USA und Südafrika, dessen »Engagement« zwar blutig, aber wenig erfolgreich war.

Ert 1994 kam es zu einem Friedensvertrag, und in der Folge wurde Angola von der MPLA beherrscht, die sich vom Marxismus-Leninismus lossagte und sozialdemokratische Prinzipien vertrat. Das gilt bis heute. Der Präsident regiert autoritär, und Korruption ist an der Tagesordnung. Durch die Erdölförderung konnte das Land die Schäden des Krieges reparieren und die Wirtschaft beleben. Bei der Förderung helfen US-Firmen, aber auch China ist stark vertreten, wie Wikipedia schreibt.

 

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