Die grünen Hügel Afrikas

Afrika verfolgt einen, und ich wollte darüber lesen. Die grünen Hügel Afrikas von Ernest Hemingway schaffte ich mir an und las das Buch, in dem es um eine Safari im Jahr 1933 in Kenia geht. Bis ich etwas las, das die Buchbesprechung verdrängte … Ernest war auch in Uganda, 1954, und da hatte er verdammtes Pech.

In einer Lebensskizze war erwähnt, Hemingway sei 1954 in Uganda gewesen. Bei näherer Lektüre erwies sich, dass er in Nairobi ein Flugzeug gechartert hatte, um mit seiner (vierten) Frau Mary Welsh zu den Murchison Falls zu fliegen, das damals eine unbekannte, schwer erreichbare Gegend war mit allen denkbaren wilden Tieren. Er wollte eigentlich nur von oben fotografieren.

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Es war der 23. Januar 1954, dass der Pilot eine alte Telefonleitung übersah und mit einem Reifen hängenblieb, was die silberne Cessna ins Trudeln und zum Absturz brachte, etwa drei Meilen von den Fällen entfernt. Der Pilot und das Ehepaar Hemingway hatten kaum Blessuren und campierten am Ufer des Nils.

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Touristen entdeckten die drei und brachten sie in das Fischerdorf Butiaba am Albertsee. Das fand ich unglaublich, waren wir doch im Wildpark gewesen und in der Nähe der Fälle. Der Start der Maschine in Butiaba ging schief, sie streifte mit den Rädern einen Termitenhügel und schmierte ab, schlug hart auf und fing Feuer. Dem Piloten gelang es, Mary Hemingway durch ein Fenster ins Freie zu ziehen, doch Ernest war zu dick dafür. Er versuchte mit dem Schädel die Tür aufzurammen und kam ins Freie, doch erlitt er eine Kopfverletzung und innere Blutungen.

Danach brachte sie ein Auto nach Masindi, wo sie in einem Hotel abstiegen. Ein Flugzeug wurde dem Paar angeboten, das begreiflicherweise lieber mit einem Auto nach Entebbe fuhr. Der Reporter der New York Times schrieb, Hemingway habe einen Arm in einer Schlinge gehabt, Bananen und eine Flasche Gin schwenkend. Anfänglich hatte man Hemingway und seine Frau schon für tot gehalten.

Bald danach, im April 1954, schrieb Hemingway seinem Anwalt einen 4-seitigen Brief, der vergangenen September für 237.000 Dollar versteigert wurde. Es gehe ihm leidlich gut, schrieb er und schloss mit: »dein Ernie«. Doch zur Verleihung des Nobelpreises im Dezember konnte er nicht nach Stockholm reisen. Hemingway bekam Depressionen und kam nicht mehr zurecht. In der Mayo-Klinik wurde er mit Elektroschocks behandelt und behauptete, dies habe sein Gedächtnis beeinträchtigt.

Die Symptome seiner letzten Jahre glichen denen seines Vaters, der sich das Leben genommen hatte, und »Ernie« griff schließlich zur Flinte.

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Die grünen Hügel Afrikas entstanden 20 Jahre vor den Flugzeugabstürzen, 1934. Hemigway war mit seiner zweiten Frau Pauline auf Safari in Kenia. Er redet mit dem Österreicher Kandisky übers Schreiben und liefert sich mit dessen Landsmann Karl einen geheimen Wettbewerb im Jagen, doch Karl hat mehr Glück und erschießt einen größeren Kudu. Man läuft herum, wartet auf Wild, trinkt Whisky und quatscht ein bißchen herum. Viel passiert nicht, was einem Buch nicht unbedingt schadet, aber dies hier ist wirklich langweilig.

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Eine Stelle ist echt Hemingway, und weil der Autor einen unverwechselbaren Stil ausgebildet hat, wollen ihn alle nachahmen, und es gibt auch Wettbewerbe, die der beste Hemingway-Epigone gewinnt und danach nach Venedig reisen darf, für ein paar Whiskys in Harry’s Bar. Irgendwann wurde Hemingway dann zu einem Parodisten seiner selbst. Das ist der Fluch eines unverwechselbaren Stils.

Wenn eine Eigenschaft (wie beim Hemingway das ännliche) überbetont wird, stehen wir bald einer märchenhaften, irrealen Figur gegenüber. Ernest H. — der Fischer,  Jäger, Stierkampf-Aficionado, Whiskytrinker und Frauenheld — inszenierte sich als  demonstrativer Mann und cooler Schreiber und schrammte (und schrieb) nur knapp am Zerrbild vorbei.

Was ich tun musste, war arbeiten. Es kümmerte mich nicht sonderlich, was dabei herauskam. Ich nahm mein eigenes Leben nicht mehr so wichtig, das Leben von jedem anderen ja, aber nicht mein eigenes. Sie wollten alle etwas, was ich nicht wollte, und ich würde es bekommen, ohne es zu wollen, wenn ich arbeitete.

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Diese (vermeintliche) Zurücknahme der eigenen Person und das trockene knappe Beschreiben von Situationen und Gefühlen wurde mit den Jahren zur Masche und zum Aussagestil des ichbezogenen, sich als latent sensiblen Autor darstellenden Mann. Alle, die im Licht der Öffentlichkeit stehen, inszenieren sich irgendwie und spielen Theater, aber niemand wird Hemingway schlagen können.

 

 

 

 

 

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