Rückführungsverbesserungsgesetz

Stand das so in der Zeitung? Ich glaube schon. Dieses Wortmonster soll nur bemänteln, was es sagen will wie auch »Remigration«, kürzlich zum »Unwort des Jahres« gewählt. Anfang des Monats war ein Buch mit dem Titel Remigration (Untertitel: ein Vorschlag) sogar das meistverkaufte bei amazon. Ein Bestseller!

Ich kümmere mich ja nicht um Politik und habe auch an den Demonstrationen gegen Rechts nicht teilgenommen. Doch die Sache mit dem Buch hat mich schon beschäftigt. Nummer eins, das drückt doch wohl eine Stimmung in der Bevölkerung aus. Nach neuesten Umfragen kämen, wären die Wahlen nächsten Sonntag, die CDU auf 39 Prozent, die AfD auf 19, SPD 15 und Grüne und FDP je 6. So ungefähr.

Dann las ich eine Meldung in einer Randspalte der Tageszeitung, Seite 7 rechts. Der Bundesrat hatte Gesetzen zugestimmt, die der Polizei mehr Befugnisse gegenüber Ausländern geben. Der Bundesrat! Also die Länderkammer, die letzte Instanz. Sie billigte das obengenannte Rückführungsverbesserungsgesetz. Da kann man leichter abgeschoben werden, und der »abzuschiebende Ausländer« (hieß es da wörtlich) kann nunmehr 28 Tage in Abschiebehaft sitzen, nicht wie nur 10 vorher. Ja, der abzuschiebende Ausländer …

Mir kam eine Stelle in Sebalds Roman Austerlitz in den Sinn. Agáta, die Schauspielerin, sitzt in ihrer Wohnung in Prag und darf nicht raus.

… ich entsinne mich, sagte Véra, wie sie mir einmal, in einer dieser Verlautbarungen der Besatzungsmacht, einen Abschnitt gezeigt hat, in dem es hieß, im Falle von Zuwiderhandlungen hätten der betreffende Jude sowohl als der Erwerber mit den strengsten staatspolizeilichen Maßnahmen zu rechnen. Der betreffende Jude! hat Agáta ausgerufen, und dann hat sie gesagt: Wie diese Leute schreiben! Es wird einem schwarz vor Augen davon.

Und Austerlitz fand über Theresienstadt Wortungetüme wie Barackenbestandtteillager, Zusatzkostenberechnungsschein, Bagatellreparaturwerkstätte … nun gut, das ist unsere Sprache, das ist die deutsche Bürokratie, und das waren eben meine Assoziationen.

Es geht aber wohl um den Inhalt. Ausländer ohne Bleiberecht sollen nicht mehr von der Abschiebung (Rückführung heißt das, pardon) informiert werden müssen, außer sie haben Kinder unter 12 Jahren. Das heißt wohl, die Polizei darf läuten und dem »abzuschiebenden Ausländer« sagen: »In vier Stunden geht Ihr Flugzeug, Sie haben zwei Stunden Zeit, alles zu packen.« Das macht man gern in der Nacht, da sind die Leute anzutreffen. Die Rückführung hieß in der Schweiz immer Ausschaffung.

Eine Bekannte meinte, dieser Beschluss sei womöglich eine Konzession an die Stimmung in der Bevölkerung, mithin ein Versuch, potenzielle AfD-Wähler zu gewinnen. Wäre verständlich, die anderen Länder ringsum ticken ja derzeit ähnlich, aber ich begreife es nicht. Sollen doch alle kommen, die wollen, und gebt ihnen, was sie brauchen. Aber die kriminellen Clans, sagt mein Nachbar. In Berlin sind sie stark vertreten. Wikipedia sagt, sie seien dort für 0,2 Prozent der Straftaten veranwortlich. Wären’s 20 Prozent, ich würde den Trend zur Ausschaffung verstehen. Und wenn man um sein Geld fürchtet, soll man sich darum kümmern, die Reichen und die großen Firmen stärker zu besteuern. Das jedoch würde höchstens die Linke machen, wenn man sie ließe.

Was bedeuten Deutschland, Italien, Spanien? Nichts. Was wollen wir mit unserem Land? Wollen wir’s ganz für uns haben? Wie langweilig das wäre.

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