Flugverkehr (166): (Ich fliege nach) Washington

Vor ein paar Tagen hatte ich zum Tod Angelos einen Song von Lucio Dalla gebracht, und da erinnerte ich mich an sein »Washington« … Er fliegt dorthin und weiß eigentlich nicht, was er dort soll. Einmal lief der Song von Kassette in meinem Volvo, als ich mich auf der Autobahn dem Ort Kloten näherte, und vor (und über mir) bereitete sich eine Mschine auf die Landung vor, unvergessen.

Das hatte ich vor zehn Jahren am Ende eines Artikels über Dalla erwähnt. Man fährt von Basel am Rhein entlang und fährt dann, um nach Zürich zu kommen, direkt am Flughafen vorbei, parallel zur Landebahn. 

Heute schauen wir uns auch diesen Songtext an, ich übersetze ihn rasch, diesmal ohne Reim. Das muss man auch hören, und hier kann man es. (Da ist Lucio jung, das war vor 40 Jahren.) Ja, jedes Mal, wenn ich seine Songs höre, überkommt mich Heimweh nach Italien, wegen seiner Menschen. Lucio Dalla war noch ein Linker vom alten Schlag, geboren in der roten Hochburg Bologna, und er war eine Stimme der liberalen, gebildeten, toleranten Linken. Er konnte so ehrlich sein, er zeigte seine Verwundbarkeit, und er stellte sich den großen Fragen, konnte aber wiederum auch kindisch und schwärmerisch sein, und seine Musik … Zucker. Schade, dass man ihn in Deutschland nie richtig wahrgenommen hat. 

Über den Text muss man nicht groß nachdenken, das ist eben Poesie, bruchstückhaft, rätselhaft.

 

Washington

Ich fliege grade nach Washington,
doch was ich da mache, weiß ich nicht.
Ich fliege sehr hoch und sehe nichts,
seh keinen Schimmer von hier.
Sie hat Mandelaugen
und ein ganz kleines Gesicht,
und ihre Brüder, klein wie sie …
Willst du das Foto sehen, das ich dabeihabe?
Aber was fliegt dort? Scheint ein Ball zu sein,
etwas fliegt auch und nähert sich langsam:

Bei der kleinsten Bewegung, schieß!
Bevor der andere schneller abdrückt.
Bei der kleinsten Gefühlsregung, schieß!
Besser sich nichts fragen.
Doch diesmal will ich wissen, wer es ist,
wer es ist, wer es ist …

Bin von London City losgeflogen,
wo die Beatles waren und der Rock’n Roll.
Ich war eine schwarze Maschine, jetzt nennen sie mich Zebra,
seit ich die Arme eines Weißen namens John habe.
Ich will nach Washington,
aber was wirst du dort anstellen?
Hier ist nur ein Stein, du siehst kein Schwein,
auch dort blieb kein Stein auf dem anderen.
Ob sie mich hört?
Es ist ein schöner Morgen
Vielleicht denkt er auch etwas nach,
und jetzt kommt er auch her.

Bei der kleinsten Bewegung, schieß!
Bevor der andere schneller abdrückt.
Bei der kleinsten Bewegung, schieß!
Aber hier bewegt sich nichts mehr,
niemand ist geblieben,
wir sind allein, nur du und ich, du und ich, du und ich …

 

 

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