Die wahre EM
Heute fängt die Fußball-Europameisterschaft an, falls es jemanden interessiert. Beim Radfahren neulich fiel mir die wahre Fußball-EM ein, und zwar hatte ich beim Bierholen mit einem Norddeutschen geredet, der gern Platt spricht, und erzählt, dass ich gerade in München war.
Seit wann gibt es diesen idiotischen Nationalismus? Wohl seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Aber das trifft auf Deutschland und Italien zu, das erst 1870 geeint wurde. Frankreich und England gab es schon länger in dieser Form. Die Geschichte jedes europäischen Staates ist einzigartig. Das Zusammenleben muss organisiert werden, klar. Doch auch kleineren Einheiten gelingt das, etwa dem Halbkanton Appenzell-Ausserrhoden, den ich erst vor 5 Tagen zur Jahreshauptversammlung meines Velomuseums besuchte. Sogar ein Dorf wie Rehetobel könnte prima autonom leben.
Als man begann, die Staaten zu verehren, fing das Blutvergießen an. Deutschland, Frankreich, Spanien — alles falsch. Ich fragte dummerweise zwei Mitarbeiter des Baumarkts in Müllheim: Seid ihr aus Frankreich? Nein, kam empört zurück, wir sind Elsässer. Der Besitzer der Pizzeria, der von Giovanna gefragt worden war, ob er Italiener sei, gab zur Antwort: Ich bin Sizilianer. Würde man mich fragen, würde ich mich wohl auch als Bayer oder Münchner bezeichnen und in zweiter Linie erst als Deutscher. Die Katalanen sehen sich als Katalanen, die Andalusier als Andalusier und nicht als Spanier, und wir haben Badener und Pfälzer und Mecklenburger. (Rechts: Armando Basiles Europa.)
Die wahre Fußball-EM würde im K.o.-System ausgetragen werden, denn viele Regionen in Europa gibt es. Wer mitmachen will, darf das. Sogar der Kanton Appenzell mit seinen 25.000 Bewohnern. 25 gute Fußballer werden schon darunter sein. Stellen wir uns einen Spieltag vor. Die Sieger kommen weiter.
Bayern–Bretagne; Sizilien–Kreta; Katalonien–Romagna; Languedoc–Götaland; Norrland–Wallis; Kent–Andalusien; Korsika–Hessen; Piemont–Lothringen; Baden–Schottland; Wojwodina–Appenzell; Jütland–Tirol; Normandie–Yorkshire; Island–Lettland; Sachsen–Sardinien; Makedonien–Luxemburg; Thüringen–Kantabrien.
Fußball-Profis sind natürlich nicht zugelassen. Spaß soll es machen. Wenn wir mit 128 Regionen beginnen, sind wir nach 6 Runden beim Endspiel. Ich stelle es mir unterhaltsam vor.
Mit Regionen könnte Europa auch funktionieren. Jede schickt 3 Abgeordnete ins Europäische Parlament und eine europäische Regierung kümmert sich um die Außenpolitik.