3 Millionen Rinder, 44 Millionen Schweine

Wie kriegen wir nun den Bogen von Petrus am Himmelstor zum großen täglichen Schlachtfest im Land? Wir werden aus der Bibel zitieren. Zunächst die Fakten: Vergangenes Jahr wurden in Deutschland 3 Millionen Rinder und 44 Millionen Schweine geschlachtet, und getötet wurden obendrein 630 Millionen Hühner und 70 Millionen Puten und Enten. Unglaublich. 

Im Buch Genesis (das erste Buch des Alten Testaments) wird ja die Erschaffung der Welt beschrieben, und am fünften Tag lesen wir (1,24-26):

neufbriDann sprach Gott: Das Land bringe alle Arten von lebendigen Wesen hervor, von Vieh, von Kriechtieren und von Tieren des Feldes. So geschah es. Gott machte alle Arten von Tieren des Feldes, alle Arten von Vieh und alle Arten von Kriechtieren auf dem Erdboden. Gott sah, dass es gut war. Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Viehg, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land.

Wir dürfen uns also bedienen. 3 Millionen Rinder, 44 Millionen Schweine, 700 Millionen Geflügel … so viel verlangt der deutsche Appetit nach Fleisch, und vermutlich wird auch einiges exportiert. Tote Schweine werden dann nach China geflogen und dort zerteilt, weil das billiger ist; das hat Logik, perverse Logik, diktiert durch das Gesetz Nummer eins, das möglichst geringe Kosten verlangt, damit die Produktivität stimmt. An den Fleischtheken hier im Badischen gibt es Schlangen, sagt meine Nachbarin.

Da kann man noch so viel das vegetarische Leben propagieren, es hat null Effekt, die Leute wollen ihr Steak, ihre Wurst, ihr Gulasch, wäre ja noch schöner. Liegt ja alles fein und geschmackvoll da im Supermarkt. In Baden und im Elsass gibt es riesige Flächen mit Mais, die bewässert werden, denn die Rinder wollen fressen, und weltweit werden so — für den Fleischkonsum — gigantische Flächen blockiert. Das steht schon in dem Artikel No Rind! vom August 2019.

330px-Slaughterhouse1909Ich las ihn selber und lernte: Im Schlachthof München werden 70 Rinder in der Stunde getötet. Der Mensch ist effektiv. Einen Schlachthof möchte man lieber nicht besuchen. Wahrscheinlich liegen die weit draußen vor den Toren der Städte, und dort arbeiten vermutlich nur Rumänen, Bulgaren und Russen. Früher lagen sie mitten in der Stadt, die Schlachthöfe; wir trafen uns in Rom gern im Kulturzentrum von Trastevere, dem Ex-Mattatoio, doch später wollte man es vermutlich den Leuten den Gestank und das Gebrüll der Tiere nicht mehr zumuten. Das Üble wird immer an die Peripherie verbannt wie psychiatrische Krankenhäuser und Altenheime. So wird der Bürger nicht behelligt.

Das Theaterstück Die heilige Johanna der Schlachthöfe von Bertolt Brecht musste ich denken. 1930 hatte er das Stück schon fertig, zu dem ihn der Roman The Jungle von Upton Sinclair inspirierte. Erst am 30. April 1959 wurde es aufgeführt. Johanna setzt sich für die Arbeiter ein, scheitert aber an den Strukturen, die der Fleischkönig Mauler eingeführt hat. Der Fleischmarkt mit seinen Höhen und Tiefen, ja, aber die Tiere kommen nur am Rande vor wie an dieser Stelle.

DIE PACKHERREN:
Da stehen wir Packherrn mit Schlachthof und Packraum,
Die Ställe voll Ochsen, Tag und Nacht unter Dampf
Laufen die Maschinen, Pökel, Bottich und Sudkessel
Und wollen die Herden, die brüllenden, fressenden
Umwandeln in Büchsenfleisch, und niemand will Büchsenfleisch.
Wir sind verloren!
DIE VIEHZÜCHTER:
Und wir, die Viehzüchter?
Wer kauft jetzt Vieh? In unseren Ställen stehen
Ochsen und Schwene, fressen unseren Mais
Und auf den Zügen fahren sie herum und fahrend
Fressen sie, und auf den Bahnhöfen in
Zinsfressenden Verschlägen warten sie, immer fressend.

Das Fleisch soll ja gut sein, darum dürfen sie fressen. Ginge es anders, man würde ihnen nichts geben. Vermutlich kriegen sie auch reichlich Chemikalien, die fressen wir auch in uns hinein. (Ich kaufe weder Fleisch noch Wurst und esse höchstens im Urlaub mal was mit Fleisch.)

Arbeiter schneidet einem Rind die Kehle durch: 1942, Pennsylvania, Fotografin: Marjory Collins 1912-1985.

Arbeiter schneidet einem Rind die Kehle durch: 1942, Pennsylvania, Fotografin: Marjory Collins 1912-1985.

Lesen wir bei unseren Freunden aus anderen Dimensionen nach, bei unseren gechannelten Weisen, was sie zu den Tieren sagen. Bei Salumet und Silver Birch, dem Indianer, war mir etwas aufgefallen.

Salumet sagte schon 1994 über den Fleischkonsum:

Ja, das ist wirklich ein Thema, das auf eurer Ebene häufig diskutiert wird. Lasst mich das ausdrücken, was ich weiß. Lasst mich euch allen dies sagen: Ihr solltet jedes Leben achten. Noch einmal sage ich euch, dass ihr mit eurem freien Willen ausgestattet seid, dennoch sage ich euch — achtet alle Lebensformen, wie immer sie aussehen mögen. … Alle Existenzformen wurden für ihre eigene Entwicklung auf diese Erde gesetzt, für ihr Wachstum, für ihre Evolution. … Ein Lebewesen zu töten kann nicht gut sein. Ich weiß, dass einige von euch nicht hören wollen, aber es muss gesagt werden.

service-pnp-fsa-8d23000-8d23500-8d23522rEs werden vermutlich Millionen Tiere gezüchtet, um danach geschlachtet zu werden. Macht das irgendetwas besser? Sie sind gewiss nicht für ihr Wachstum und ihre Evolution »geschaffen« worden, sondern nur, um zerhackt und gefressen zu werden. Es gäbe sie nicht, hätten unsere Mitbürger nicht diesen gewaltigen Hunger. Aber Leben zu erzeugen und es dann zu zerstören — das ist irgendwie krank. Es ist Überheblichkeit. Der Mensch erschafft Tiere und tötet sie wieder, als wäre er Gott, und alles im Namen des Profits und des Appetits (um Hunger geht’s ja nicht).

Silver Birch, der Indianer, sagte Folgendes (nachdem er Tierversuche noch so halbwegs verstehen konnte, weil die Motive der »Täter« ernsthaft seien):

Doch wenn es um nutzloses Töten geht, wenn Tiere geschlachtet werden, nur um den menschlichen Appetit zu befriedigen, wenn schöne Vögel im Namen des Sports geschossen werden — dafür kann es keine Rechtfertigung geben. Das Leben ist heilig, das Leben kommt vom Großen Geist. Wenn Leben bewusst wird und menschliche oder, auf einer niedrigeren Stufe, tierische Form annimmt, sollte es ausersehen sein, mit Heiligkeit behandelt zu werden. Das Leben sollte nicht billig verschleudert werden, denn das Leben ist ein Ausdruck des Großen Geistes.   

Ich las nebenher noch Traumpfade von Bruce Chatwin, der seine Reise durch Australien beschreibt, und eine Eingeborenen-Frau sagt:

Fleisch gibt uns unser schönstes Lächeln! Wir kauen das Fleisch und können nicht anders als lächeln.

Die Nomaden töteten freilich nur wenige Tiere und entschuldigten sich jeweils bei dem Opfer. Sie glaubten, dass die Seele des Tieres in den Knochen lebt und vergruben diese sorgfältig. Und ein Tier konnte durchaus wieder auferstehen, glaubten sie, — und mehr darüber übermorgen, nach dem EM-Beitrag.

 

Illustrationen: Dank an die Library of Congress, Wash. D. C. Marjory Collins hat auch die anderen beiden Fotos gemacht — in einem Schlachthaus in Lititz, Bundesstaat Pennsylvania.

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