Zürisee von hinten
Mitte Juni die erste Wanderung in der Schweiz, ist das denn zu fassen? Man muss wieder langsam anfangen, und da es viel geregnet hatte, sind die Wege schlammig. Wir nahmen einen Zug nach Ricken im Kanton St. Gallen, hinter dem Ende des Zürisees. 500 Höhenmeter sollten genügen.
Etwas frisch war’s beim Aufstieg; wenn es unten 18 Grad hat, sind’s oben weniger: ein Grad pro hundert Meter, sagt man. Ich wünschte mir also, oben auf dem Regelstein (1310 Meter) möge uns die Sonne bescheinen, und so kam es auch.
Hinten sieht man ein paar Kühe, vor denen Giovanna immer Angst hat. »Sind Kälbli, keine Kühe«, belehrten uns zwei einheimische Wanderinnen. Hörner hatten sie dennoch. Ein Kalb streckte sich auf dem Boden aus und chillte. Als Giovanna es aufs Korn nahm, um es zu fotografieren, fauchte das Kalb sogar und schien wütend zu sein! Gut, dass uns ein Zaun von ihnen trennte.
Schön war dieser Schmetterling:
Nach dem Kaffeetrinken im Restaurant Alp-Egg ging es hinab, auf Uznach zu. Den Zürisee sieht man von hinten. Etwa in der Mitte liegt am rechten Ufer (von uns aus gesehen) Rapperswil, und eine Straße (als Strich auf den Bildern) führt über den See nach Pfäffikon links.
Eineinhalb Stunden Fahrt mit der Bahn, vier Mal umsteigen, jeweils nur ein paar Minuten Zeit, doch in der Schweiz geht das. Wie am Schnürchen. Nett war der tamilische Busfahrer. Giovanna (von ihr wie immer die Bilder) sagte: »Was wäre dieses Land ohne seine ausländischen Mitbürger? Es könnte zusperren.« Das ist in Deutschland nicht anders.
Vielleicht war der Tamile auch ein Schweizer? Allerdings ist man nicht automatisch Schweizer, wenn man hier geborreen wird. Es hängt von den Eltern ab; man kann die Staatsbürgerschaft beantragen, wenn man will. (Ich glaube, in Deutschland bekommt man auch nicht den deutschen Pass, wenn man auf dem Staatsgebiet geboren ist.)
Der Schriftsteller Max Frisch (morgen kommt etwas von ihm) schrieb schon 1966 einen Artikel zur »Überfremdung«, die man damals befürchtete, weil 14 Prozent der Bürger des Landes Ausländer waren. Würde es dem Schweizer gelingen, seine Eigenart zu bewahren?
Heute beträgt der Ausländeranteil 27 Prozent, viele Schweizer haben Eltern aus anderen Ländern, und die Welt ist nicht untergegangen, die Schweizer Fahne weht munter im Wind, und Handörgeli und Alphorn sind nicht verstummt. Die Berge stehen auch noch.