St. Amour

Als ich auf der Landkarte diesen Namen las, dachte ich mir: Da musst du hin. St. Amour. Reden doch die Nahtod-Leute immer von Liebe, die das Wichtigste im Leben und im Universum sei, die Franzosen reden von amour, und mal sehen, wie Leute in einem Ort leben, der Heilige Liebe heißt. (Vielleicht wie überall.) . Leider musste man 40 Kilometer auf einer zweispurigen Straße fahren, die die Franzosen über die Berge gelegt hatten, und als sie wegen Bauarbeiten einspurig wurde, waren immer 40-Tonner dicht hinter mir, und ein Bauarbeiter schrie, ich solle schleunigst die Straße verlassen. Also über Dörfer in Richtung St. Amour.

Dann ein Schild: Camping. Wie immer ohne Kilometerangabe. Du fährst in den Wald hinein, ein paar Kilometer, und keine Aussicht. Nein, ich wollte nicht im Wald schlafen, ich wollte nach St. Amour, drehte um, kam irgendwann durch ein Gewerbegebiet, redete mit zwei jungen deutschen Tramps und fotografierte das Ortsschild.

Ich war spät dran (es war gegen halb acht), Camping gab’s hier nicht, also fuhr ich hoch zu einem Platz und mietete mich im Hotel de Commerce ein, das spürbar vernachlässigt war. Das Zimmer kostete 88,80 die Nacht, kann man mal machen. Unten: Blick aus dem Zimmer auf den Platz. Öde.

So lange der alte Mann an der Rezeption noch kann, wird es das Hotel noch geben. Renovieren wäre viel zu teuer. (Am nächsten Morgen kamen drei alte Paare zum Frühstück, auf das ich verzichtet hatte. Es gab also Gäste.) Am Abend lief ich noch etwas umher, bestellte einen Burger bei Ahmet vom Chatelet (hatte aber keinen Hunger). St. Amour sieht aus wie manches Städtchen in den Vogesen, mit baufälligen Häusern und schönen Plätzen, jedoch alles irgendwie leicht marode.

Hier leben Menschen (ich glaube, 2700), aber es gibt nicht viel Arbeit und die Großstädte Lons-le-Saulnier und Bourg en Bresse sind je 30 Kilometer weg. Da könnte man ja arbeiten. Oder Home-Office machen. Bilder von der Innenstadt.

Zwei Denker hat die Stadt hervorgebracht; der obere lebte im 13. Jahrhundert. Natürlich ist man auf den Namen stolz. Das Herz symbolisiert die Liebe. Also steht es vor dem Bürgermeisteramt. Im Kino gab es eine Serie mit Liebesfilmen, also »films d’amour«. Man sollte in St. Amour eine Reihe von Liebesfilmen drehen! Und dann fuhr ich in der Schweiz noch an einer »Amour Bar« vorbei. Und die Rue de l’amour, in einer anderen Stadt  gesehen. (Einmal übrigens hatten wir im Altenheim eine Kollegin, die hieß Marine D’Amour. Unglaublich.)

 

 

 

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