Abraham, der schlaue Händler
Humorvolle Passagen im Alten Testament sind selten. Eine ist, finde ich, das Gespräch zwischen Abraham und dem Herrn über die geplante Vernichtung Sodoms. Abraham, der Gerechte, will die wenigen Unschuldigen retten.
Das müssen wir ganz zitieren, aus der Gute-Nachricht-Bibel; so muss ich es nicht abtippen. Steht in Kapitel 18 des Buches Genesis (das erste Buch des Alten Testaments).
Abraham trat an ihn heran und sagte: »Willst du wirklich Schuldige und Schuldlose ohne Unterschied vernichten? Vielleicht gibt es in Sodom fünfzig Leute, die kein Unrecht getan haben. Willst du sie auch umkommen lassen und nicht lieber die ganze Stadt verschonen wegen der fünfzig? Du kannst doch nicht die Unschuldigen zusammen mit den Schuldigen töten und die einen genauso behandeln wie die andern? Du bist der oberste Richter der ganzen Erde, darum darfst du nicht selbst gegen das Recht verstoßen!«
Der Herr sagte: »Wenn ich in Sodom fünfzig Unschuldige finde, will ich ihretwegen die ganze Stadt verschonen.«
Abraham wandte sich noch einmal an den Herrn: »Ich habe es gewagt, dir dreinzureden, Herr, obwohl ich Staub und Asche bin. Vielleicht gibt es wenigstens fünfundvierzig, die nicht schuldig geworden sind. Willst du dann wegen der fehlenden fünf die ganze Stadt vernichten?«
Der Herr antwortete: »Ich verschone sie, wenn ich fünfundvierzig finde.«
Abraham gab sich noch nicht zufrieden. »Und wenn es nur vierzig sind?«, fragte er.
Der Herr erwiderte: »Dann verschone ich sie wegen der vierzig.«
»Bitte, Herr«, sagte Abraham, »werde nicht zornig über mich, wenn ich noch weitergehe. Vielleicht sind es nur dreißig.«
»Dann verschone ich sie wegen der dreißig.«
Noch einmal fing Abraham an: »Ich habe es nun einmal gewagt, dir dreinzureden, Herr! Vielleicht sind es nur zwanzig.«
»Ich verschone sie auch wegen zwanzig.«
»Nur noch ein einziges Mal lass mich reden, Herr«, sagte Abraham; »werde nicht zornig! Vielleicht sind es auch nur zehn.«
Und der Herr sagte: »Ich verschone sie auch wegen zehn.«
Damit brach der Herr das Gespräch ab. Er ging weiter und Abraham kehrte heim.
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Abraham, der clevere Händler! Geschickt macht er das, und wir würden uns freuen. Leider geht die Aktion ins Leere. Am nächsten Tag tauchen zwei Engel bei Lot auf, die die Stadt anscheinend vernichten sollen. (Gab’s da keine unschuldigen Kinder oder alten Menschen? Hat man keine zehn Gerechte gefunden? Vermutlich hat man’s gar nicht versucht.) Die Stadtbewohner rotten sich zusammen und drohen Lot, und was sagt der?
Seht, ich habe zwei Töchter, die noch keinen Mann erkannt haben. Ich will sie euch herausbringen. Dann tut mit ihnen, was euch gefällt. Nur jenen Männern tut nichts an; denn deshalb sind sie ja unter den Schutz meines Daches getreten.
Da ist man sprachlos. Lot gibt seine Töchter für die Vergewaltigung frei?! Anscheinend galten Töchter damals nichts. Die Engel holen Lot herein, und er darf morgen mit Frau und Töchtern fliehen (das sind ja schon 4 Gerechte!). Lot will nach Zoar, das darf er.
Als die Sonne über dem Land aufgegangen und Lot in Zoar angekommen war, ließ der Herr auf Sodom und Gomorra Schwefel und Feuer regnen, vom Herrn, vom Himmel herab. Er vernichtete von Grund auf jene Städte und die ganze Gegend, auch alle Einwohner der Städte und alles, was auf den Feldern wuchs. Als Lots Frau zurückblickte, wurde sie zur Salzsäule. (Gen 19,23-26)
So ist der Herr des Alten Testaments: rachsüchtig und gnadenlos. Die Nationalsozialisten orientierten sich daran: unerbittliche Härte! Vernichtung! Abraham sieht später den Qualm aufsteigen und wird sich gedacht haben: Ich habe für die Sodomiten und Gomorreser gesprochen, aber es hat nichts gebracht. Schade.
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Heute vor 23 Jahren rasten die beiden von arabischen Attentätern gelenkten Flugzeuge in die Twin Towers von New York. 3000 Menschen starben. Präsident Bush und die Amerikaner wollten Rache, überfielen Afghanistan und 2003, mit der Lüge von Massenvernichtungsmitteln als Antrieb, auch noch den Irak. In beiden Ländern starben vermutlich 300.000 Zivilisten, genau weiß man es nicht. (Man liest auch, dass durch die Sanktionen, die dem Irak nach dem zweiten Golfkrieg auferlegt wurden, eine Million Kinder verhungerte oder an Krankheiten starb.) Für einen Amerikaner mussten also 1000 Bürger im Nahen Osten sterben. Es war übersteigerte Blutrache. Man hat dadurch 2 Staaten zerstört und den islamistischen Terror heraufgerufen, der wiederum nach Rache schreit. So geht das weiter.
Die USA und ihre Verbündeten reagierten mit dem Militär, obwohl es ja kein Land war, das New York angriff. Ähnlich ist es heute in Libanon und Syrien. Hisbollah ist eine Organisation. Man versucht, sie zu erledigen verletzt dabei aber die Souveränität von Ländern und tötet Menschen. Natürlich war der Luftkrieg ab 1944 auch illegal und entsetzlich, denn was konnten die Dresdner für den Terror der Nazi-Soldaten?