Der Prophet über Gut und Böse

Es klang gestern schon an: So einfach ist es nicht mit Gut und Böse. Ich denke an den Film The Power of the Dog, von Jane Campion, in dem Phil, der »Böse«, Aufsässige (Benjamin Cumberbatch) einfach nur eifersüchtig ist; er will auch geliebt werden und verbirgt diesen Wunsch hinter groben Attacken. Niemand wird böse geboren.

Der letzte Satz erinnerte mich an einen anderen (aus der schönen Frau Seidenman), und schon weiß ich den Beitrag für morgen!

Vom Guten und Bösen

Und einer der Ältesten der Stadt sagte:
Sprich uns vom Guten und Bösen.
Und er antwortete:
Vom Guten in euch kann ich sprechen, aber nicht
vom Bösen.
Denn was ist das Böse anderes als das Gute, von seinem
eigenen Hunger und Durst gequält?
Wahrhaftig, wenn das Gute hungrig ist, sucht es
Nahrung sogar in dunklen Höhlen; und wenn es durstig
ist, trinkt es sogar aus toten Gewässern.
Ihr seid gut, wenn ihr eins mit euch seid.
Doch wenn ihr nicht eins mit euch seid, seid ihr
dennoch nicht böse. (…)

Ihr seid gut, wenn ihr danach strebt, von euch selber
zu geben.
Doch ihr seid nicht böse, wenn ihr danach trachtet,
etwas für euch selber zu gewinnen.
Denn wenn ihr nach Gewinn trachtet, seid ihr nichts
als eine Wurzel, die sich an die Erde klammert und an
ihrer Brust saugt. …
Denn für die Frucht ist das Geben eine Notwendigkeit,
so wie Empfangen eine Notwendigkeit für die
Wurzel ist.
Ihr seid gut, wenn ihr hellwach seid in eurer Rede.
Doch ihr seid nicht böse, wenn ihr schlaft, während
eure Zunge ziellos stammelt. (…)

Ihr seid gut, wenn ihr fest und mit kühnen Schritten
auf euer Ziel zugeht.
Doch ihr seid nicht böse, wenn ihr hinkend darauf
zugeht. (…)
Ihr seid auf zahllose Weisen gut, und ihr seid nicht
böse, wenn ihr nicht gut seid.
Ihr seid nur säumig und faul. (…)
In eurer Sehnsucht nach eurem höchsten Ich liegt
eure Güte: und diese Sehnsucht ist in allen von euch. (…)

 

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