Segen der Erde

Für sein Buch Segen der Erde erhielt der Norweger Knut Hamsun 1920 den Literatur-Nobelpreis. Alle seine Romane sind großartig, und es ist weniger die Handlung als Hamsuns Sprache, die einen begeistert. Es geht immer um das ländliche Leben in Norwegen.

Isak ist ein Einzelgänger. Er lernt Inger kennen, um die sich niemand groß gekümmert hat, weil sie nicht hübsch ist. Sie bleibt bei Isak, der wenig sagt, aber unendlich fleißig ist und jeden Tag eine Arbeit auf sich nimmt, um das kleine Land zu bewirtschaften. Mit den Jahren bringen sie es zu Wohlstand. Inger schenkt Kindern das Leben, das Korn wächst, dann wieder gibt es Dürrejahre … damit muss der Bauer leben.

Jahrhundertelang haben Bauern so gelebt, in engem Kontakt mit der Erde, und auch gläubig waren sie. Kirchweih war ein wichtiges Fest: ein Dank für die Ernte.

Der heutige Landmann im Westen bewegt gewaltige Maschinen über die Felder und sitzt auch am Computer. Er glaubt an die Technik und nicht mehr an Gott. Das Wort Segen ist für ihn ein Fremdwort. Probleme gibt’s dennoch. Mein Lieblingswinzer hatte seinen Schlepper bei der Reparatur. Hat 6000 Euro gekostet. Ein neuer kleiner kostet 85.000, ein größerer 130.000. Ohne diese Maschinen aber kannst du mit den Großen nicht mithalten.

Doch gibt es noch viele Gegenden, in denen das alte Leben der Bauern unverändert weitergeht, etwa im ländlich geprägten Zentralafrika. Hören wir uns an, wie Knut Hamsun über das Säen schreibt:

Seit mehreren hundert Jahren hatten wohl seine Vorfahren Korn gesät. Das war eine Arbeit, die an einem milden, windstillen Abend in Andacht vollbracht wurde, am liebsten bei einem geeigneten feinen Staubregen, so es möglich war, am liebsten gleich, wenn die Wildgänse gezogen kamen. Die Kartoffel war eine neue Frucht, da war nichts Geheimnisvolles dabei, nichts Religiöses. Frauen und Kinder konnten beim Legen dabei sein, beim Legen dieser Erdäpfel, die von einem fremden Lande kamen, gerade wie der Kaffee, ein großartiges, herrliches Lebensmittel, aber von der Familie der Rüben. Korn, das war das Brot, Korn oder nicht Korn, das war Leben oder Tod.

Isak schritt barhäuptig und in Jesu Namen dahin und säte; er war wie ein Baumstumpf mit Händen, aber innerlich war er wie ein Kind. Auf jeden seiner Samenwürfe verwendete er größte Sorgfalt, er war freundlich und ergeben gestimmt. Seht, jetzt keimt das Korn und wird zu Ähren mit vielen Körnern, und so ist es auf der ganzen Welt, wenn Korn gesät wird. Im Morgenland, in Amerika, im Gudbrandstal — ach, wie groß die Erde ist, und das winzig kleine Feld, auf das Isak säte! Das war der Mittelpunkt von allem. Fächer von Körnern strahlten aus seiner Hand. Der Himmel war bewölkt und günstig, es sah nach einem ganz feinen Staubregen aus.  

Doch wir wollen das nicht verklären. Noch vor 100 Jahren war in Deutschland das Leben der Mägde und Knechte auf Bauernhöfen eine Schinderei. Wir könnten statt an den Segen der Erde zu denken, uns von Zeit zu Zeit in Erinnerung rufen, dass die Technik und der Motor uns viel Quälerei erspart haben. Ich habe nichts gegen den Segen der Technik, aber wir müssen uns ihr bewusst sein. Wir müssen wissen, was wir tun.

 

Wie wäre es mit: manipo@gmx.de?

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