Von Nessie keine Spur

Der Mensch hat das Monster von Loch Ness erschaffen, aber auch das Einhorn, den Drachen und den Phönix. Keines von diesen Fabeltieren ist gefasst worden, aber man redete gerne über sie. 22 Bücher sind über »Nessie« geschrieben worden (vermutlich viel mehr), und viele Menschen haben viele Tage in der Hoffnung auf einen »scoop« an dem schottischen »Loch« (See) verbracht. Die mitgebrachten Fotos waren dürftig.

Das Loch Ness Phenomena Investigation Bureau Ltd. existierte von 1960 bis 1992. Schon bald akzeptierte es keine Fotos mehr, weil zuviel Unfug damit getrieben worden war. Heute wird man generell keine Fotos oder Videos von verborgenen Tieren mehr akzeptieren (wegen KI, da wäre alles möglich), allerhöchstens ein lebendes Exemplar. Aber in den Köpfen weltweit spukt das Monster herum. Die New York Times hatte den See am 30. August auf der Titelseite. Loch Ness habe ein neues Untier, a new beast.

Das „new beast“ entpuppte sich als das Wildschwein. Ganze Herden davon machen die Küste unsicher

Am 2. Mai 1933 hatte der Inverness Courier gemeldet: Strange Spectacle at Loch Ness. Der Korrespondent in Fort Augustus, Alec Campbell, deutete die Existenz eines seltsamen Tiers im See an. 1933 war auch der Film King Kong in Schottland angelaufen, und auch andere Filme mit Monstern wurden gezeigt.

Im Dezember 1933 wurde das erste Foto abgedruckt, Diskussionen entstanden. Dann kam der Krieg, und es trat eine Pause ein bis 1957. 1903 waren 60 Bohrungen im See angestellt worden, ohne dass man etwas Ungewöhnliches entdeckt hätte. Der Magier Aleister Crowley lebte von 1900 bis 1918 am Loch Ness und meldete auch nichts. 1966 wurde der See 4000 Stunden lang fotografisch überwacht: kein Resultat. Alle eingesandten Fotos waren fragwürdig, zeigten entweder eine Welle oder einen Baumstamm.

In 50 Jahren soll es 400 Sichtungen gegeben haben. Eine neue Seite über das angebliche Monster sehen wir hier. Ich habe die Seite nicht konsultiert; unter What’s New findet man Video-Material, der letzte Beitrag ist vom 9. August 2014. Das Tier sieht aus wie ein Hund.

Der Reiseschriftsteller H. V. Morton (1892-1979) schrieb über den schottischen See, der 36 Kilometer lang ist (halb so lamg wie der Bodensee) und 250 Meter tief:

Loch Ness ist zweifellos eine beeindruckende, zerklüftete Landschaft, wie sie die Romantiker liebten. … Sie ähnelt der Landschaft eines Horror-Romans und hat sogar ein zerstörtes Schloss, das über den Fluten thront. 

Ronald Binns (von ihm und seinem Buch The Loch Ness Mystery Solved, 1984, habe ich meine Informationen) erläuterte:

Loch Ness war eine Leerstelle, eine Region der Dunkelheit mit unheilvollen Anklängen. Es war sozusagen ein Loch (See), der darauf wartete, dass etwas passierte, dass jemand kam und in seine Schwärze eine dunkle Bedeutung einschrieb. Die Landschaft verlangte nach einer Bedeutung, und diese wurde schließlich geliefert.

Der Historiker James Froude erläuterte:

Überzeuge die Leute von einem Glauben, und keine Sorge, sie werden genügend Fakten finden, um ihn zu bestätigen. 

Und noch eine Bemerkung von Jorge Luis Borges, der mit Mrgarita Guerrero 1954 das Buch der imaginären Wesen schrieb:

Ein Monster ist nichts anderes als eine Kombination von Körperteilen echter Wesen, und die Zahl ihrer Permutationen nähert sich dem Unendlichen.

Morgen: der Yeti.

 

 

 

 

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