Die göttliche Ordnung

Nach Bon Schuur Ticino noch eine exzellente Schweizer Komödie: Die Göttliche Ordnung von Petra Volpe. Viel davon gehört. Der Film wurde 2017 gedreht und gehört zu den erfolgreichsten 10 Schweizer Filmen. Thema ist das Frauenwahlrecht, in Deutschland seit 1918 gültig, in der Schweiz erst seit 1971.

Das  muss man sich vor Augen halten: Im Halbkanton Appenzell Ausserrhoden (da liegt in Rehetobel unser Velo-Museum) wurde das Stimm- und Wahlrecht für Frauen erst 1989 eingeführt. Knapp war die »Landsgemeinde« dafür: die männlichen Stimmbürger, die sich auf dem Hauptplatz der Hauptstadt treffen und abstimmen. Im April 1990 lehnten die (männlichen) Bürger im katholischen Innerrhoden das Begehren ab, bis ein Urteil des obersten Gerichtshof sie zwang, ihre Frauen auch auf kommunaler Ebene wählen zu lassen.

1959 war eine Volksbefragung gescheitert, doch am 7. Februar 1971 ging der Antrag durch. Wir befinden uns im Film in Herisau. Nora (Marie Leuenberger) hat zwei kleine Söhne mit ihrem Mann, dem Schreiner Hans. Nun möchte sie halbtags arbeiten gehen, doch dazu braucht sie die Erlaubnis des Ehemanns. Und Hans lehnt ab. Nora schließt sich den Frauen an, die einen Sieg bei der Volksbefragung wünschen und dafür streiten.

Sie halten eine Versammlung ab, bei der störende Elemente (Männer) Nora lächerlich machen. Dann beschließen die Frauen, zu streiken. Nora verlässt Hans und zieht kurzzeitig in das Gasthaus Bären, an dem ein Transparent das Unglaubliche verkündet: Wir Frauen streiken! Das ist schön anzusehen, diese Solidarität unter Frauen, die im Obergeschoß sogar in Schlafsäcken auf dem Boden nächtigen. Dann dringen 4 Männer ein und holen gewaltsam ihre Frauen ab, als seien sie Leibeigene.

Da, kritisierte das Ostschweizer Kulturmagazin Saiten, hätte man das Unbehagen wirken lassen sollen, aber ein anderes Ereignis lenkt die Aufmerksamkeit der Zuschauer ab. Und Hans hat in der Versammlung sich als Gegner des Frauenwahlrechts zu erkennen gegeben; kein Wunder, seine Chefin ist auch dagegen. Die meisten kapitulieren vor dem kollektiven Druck, das ist nichts Ungewöhnliches.

Doch im Kanton Appenzell schauten die Frauen noch 1988 in die Röhre. Das ist kaum zu glauben.  Dennoch schafft es der Film, die Kurve zu einem Happy-end zu kriegen. Das Referendum am 7. Februar 1971 ging gut aus. Allerdings waren 7 Kantone immer noch dagegen, und auf kommunaler Ebene mussten ihre Frauen noch warten. Es waren Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden (die beiden Halbkantone von Appenzell), Glarus, Obwalden, Schwyz, St. Gallen, Thurgau und Uri.

Unser Velo-Museum in Rehetobel, Halbkanton Appenzell Ausserrhoden

Im Herbst 1971 schon wählten Schweizer und Schweizerinnen zehn Nationalrätinnen ins Parlament, den Nationalrat (denn Frauen durften sich nun auch wählen lassen). 1983 betrug ihr Anteil 11 Prozent, 2003 waren es 26 Prozent, 2019 sogar 42 Prozent. Im Ständerat waren es 2019 immer noch nur 26 Prozent. Der Nationalrat vertritt die Bevölkerung, der Ständerat die Kantone.

1977 wurde Elisabeth Blunschy (CVP) Präsidentin des Nationalrats, und 1991 schaffte es Josi Meier zur Präsidentin des Ständerats.

Eine kleine Erinnerung noch: Um dieselbe Zeit, im Jahr 1970, erlaubte Italien endlich die Ehescheidung. Vier Jahre danach versuchte die Democrazia Christiana (DC), diese streng christliche Partei, mit einer Volksabstimmung das Gesetz zu kippen, doch das Volk wollte die Scheidung, die in Irland sogar erst 1995 mit dünner Mehrheit zum Gesetz wurde. Der Katholizismus ist ein Hemmschuh. Die katholische Kirche hat die Frau immer kleingehalten.

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