Gangubai Kathiawadi
Gangubai Kathiawadi (1928-1977) war in den 1950-er Jahren die mächtigste Frau Kamathipuras, des Rotlichtviertels von Bombay. Die Bordellchefin setzte sich für die Rechte der 4000 Prostituierten im Viertel ein und traf auch Premierminister Nehru. Ein indischer »Bollywood«-Film von 2022 erzählt in zweieinhalb Stunden ihr Leben.
Man braucht nicht zu wissen, dass es eine wahre Geschichte ist. Der Film von Sanjay Leela Bhansali steht für sich, romantisch und rasant, wie er ist. Eben Bollywood. Straßenszenen und Szenen in dämmrigen Zimmern, dann wieder wird getanzt und gesungen, und die Liebenden dürfen sich nur kurz umarmen, nicht einmal ein Kuss ist drin. Alia Bhatt ist immer entzückend und sehr präsent, willensstark und selbstbewusst. Irgendwie ist es auch ein Märchen in einem Bombay, das ja an der indischen Westküste liegt und schon vor 100 Jahren eine Million Einwohner hatte. Seit 1996 heißt die Stadt Mumbai und zählt 20 Millionen Menschen, doppelt so viel wie die ganze Schweiz.
Der indische Film behandelt Frauen-Power. Männer kommen eher als Dekoration und Klischeefiguren vor: der Liebhaber; der Mafia-Boss; der Journalist; der korrupte Polizist. Ansonst sehen wir überall nur Frauen, und das tut auch einmal gut, da man weiß, wie mächtig der Mann in Indien ist. Die indischen Moralvorstellungen auch hier: Die Geschichte spielt im bedeutendsten Bordell der Millionenstadt, doch »Kundenkontakte« darf man nicht zeigen. Ein Bordell ohne Sex. Wir müssen ihn uns hinzudenken.
Die Vorlage für den Film war Mafia Queens of Mumbai von S. Hussain Zaidi, in dem der Autor und Jane Borges 13 Frauen porträtieren, die in Bombay in kriminelle Aktivitäten verwickelt waren. Gangubai Kothewali (oder Kathiawadi) stieg in den 1950-er Jahren zu einer wichtigen Person in Kamathipura auf und traf 1957 sogar Indiens Premierminister Nehru. Sie setzte sich für Waisen im Bordell ein und schickte junge Mädchen manchmal in ihre Familien zurück. Man nannte sie gern Gangubai Ganga Maa (Mutter). Man hätte sie auch »Mutter Teresa der Huren« nennen können. Sie lebte von 1928 bis 1977.
Die Wikipedias haben Probleme mit ihren Lebensdaten. Die englischsprachige schreibt: lebte von 1907 bis 1977 (obwohl in einem Insert steht: geboren 1928), die deutsche schreibt von 1939 bis 2008; keine Ahnung, woher sie das hat.
Ich denke mir, vor 30 Jahren wäre dieser Film nicht möglich gewesen. Nur Frauen! Und Prostituierte noch dazu! Es gab immer viele Gewalttaten gegen Frauen in Indien, erst kürzlich wurden vier Männer wegen einer Vergewaltigung hingerichtet, die 7 Jahre zurücklag. Früher hätte man dieses Delikt irgendwie abgebogen, durch Zahlungen zum Verschwinden gebracht. Doch seit einiger Zeit regen sich Proteste gegen die Gewalt an Frauen. Dieser Film von 2022, der auch Preise erhielt, ist ein gutes Zeichen.
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