Tarot, eine Lebensreise
Die Tarot-Karten, die seit dem 15. Jahrhundert gebräuchlich sind, bilden eine Lebensreise ab. Der Narr stürzt sich hinein ins Leben, freut sich, erlebt Krisen und nachdem deren Bemeisterung sogar die Erfüllung, die jedoch nur den Beginn eines neuen Zyklus darstellt. Der Prüfungen sind kein Ende.
Juliet Sharman-Burke und Liz Greene haben das 1986 in einem Buch näher ausgeführt. Sie stützen ihre Interpretation vorwiegend auf die griechische Antike und wiederholen zuerst das oben Gesagte:
Alle Karten der Großen Arkana sind Rituale des Übergangs … und der Narr fängt an, durchläuft alles und fängt wieder von vorne an.
0 Der Narr: Dionysos, den Hermes aus dem Körper von Gottvater Zeus herausschneiden musste. Er wurde durch Persephone in der Unterwelt nochmals geboren. Dionysus-Bacchus ist der Gott des Lichts und der Ekstase. Er steht für unseren irrationalen Impuls, das Unbekannte zu suchen und Veränderung zu wollen. (Oben ein Bild von Nicholas Roerich: Pilger der leuchtenden Stadt.)
1 Der Magier: Das ist Gott Hermes, der Gott der Reisende und Schutzpatron der Diebe und Lügner, der Kenner von Magie und Divination, der Götterbote und Totengeleiter (psychopomp). Er ist der Führer in uns. In der Nacht verkleidet er sich und äußert sich als plötzlicher Drang. Der spirituelle Lehrer und gleichzeitig Beschützer des Narren. Besitzt gute charakterliche und schöpferische Anlagen, die sich aber noch nicht ausgestaltet haben. Er hat Eingebungen und vertraut seiner Intuition.
2 Die Hohepriesterin: Persephone, Königin der Unterwelt. Sie kennt die Geheimnisse der Toten. Sie ist die Verbindung zu dieser geheimnisvollen inneren Welt. Verführerisch und faszinierend ist der Mythos von Persephone, der die Kreisbewegung der Zeit betont und auf ihren mysteriösen Rhythmus hinweist, das ständige Kommen und Gehen von Ereignissen. Der Narr betritt die Welt der Nacht.
3 Die Kaiserin: Demeter, die Erdmutter (manchmal: Gaia). Ihre Tochter Persephone wurde von Hades in die Unterwelt verschleppt. Die Mutter-Erfahrung sowie Weisheit in der Natur. Möglich: Geistiger Stillstand, sie trauert, ist gegen Veränderung. Eine geerdete Phase im Leben. Der Körper mit seinen Instinkten, Friede und Stagnation, lebensspendend und gleichzeitig das Leben erstickend.
4 Der Kaiser: Der große Zeus. (Er war das sechste Kind von Chronos, der Zeit. Mutter: Rhea.) Veränderlich, feurig, Geist, viele Liebhaberinnen. Ethischer Code: der Vater. Wütend, rachsüchtig. Es ist die Begegnung mit dem Vaterprinzip.
5 Der Hohepriester: Chiron ist der König der Zentauren, und er ist Heiler, Priester und Lehrer. Er wurde von Sonnengott Apollo und Mondgöttin Artemis erzogen. Herakles verwundete ihn, die Wunde heilte lange nicht. Chiron ist der Pontifex, der Brückenbauer. Er benimmt sich richtig in den Augen der Götter, ist aber auch eine wilde Kreatur. Er ist der mythische verwundete Heiler, ist ein leidender Teil von uns selbst, vielleicht unsere Grenze. Chiron, halb Mensch, halb Pferd, hat Teil an den Instinkten und dem Geist.
Morgen Teil 2
