Friede auf Erden

Am Tag vorm Heiligen Abend sang ein Chor im nahen Müllheim im Markgräflerland Frieden auf Erden. Vielleicht wurde das Konzert auch abgesagt, wegen Magdeburg. Wegen des Hungers und der Greueltaten im Sudan sagt niemand etwas ab, auch Ukraine-Krieg und Gazastreifen-Bombardierung nahm und nimmt man hin, es ist eben so. Was können wir schon ändern? Auch ich protestiere nicht. Nur hier, auf manipogo.

So viele innerstaatliche Konflikte wie derzeit (40) gab es noch nie. Hinter ihnen stecken oft Mächte, die ihren Einfluss ausdehnen wollen (Türkei, Iran, Russland, Saudi-Arabien). Israel besetzt die Golan-Höhen und setzt sich in Südlibanon fest, im Sudan metzeln Rebellengruppen nieder, was ihnen vor die Flinte kommt und äschern ganze Dörfer ein. Sie rächen sich an wehrlosen Zivilisten, so wütend sind sie, und vollgepumpt mit Drogen auch. Und ein Mann versuchte in Magdeburg auf dem Weihnachtsmarkt möglichst viele Menschen zu töten, obgleich ihm diese nichts getan hatten. Vielleicht hatten sie gerade zugehört, wie ein Chor Friede auf Erden sang? Was für eine Mordlust muss in einem stecken, wenn er mit einem schweren Auto auf Menschen zurast? Da muss man einem Kommentator auf Youtube zustimmen:

The world is a real shitshow.

Aus dem Herzen sprach mir auch Edit Marlok, eine Ärztin, die in der Novelle Der Verdacht von Friedrich Dürrenmatt (1962) aus sich herausgeht und Kommissär Bärlach eine Rede hält. Sie habe Nein, nein gesagt zu dieser Welt voll Not und Ausbeutung, doch das sei sinnlos geworden,

denn die Erde ist zu alt, um noch ein Ja, ja zu werden, das Gute und das Böse sind zu sehr ineinander verflochten in der gottverlassenen Hochzeitsnacht zwischen Himmel und Hölle, die diese Menschheit gebar … Die Versuchung dieses Daseins war zu groß, und der Mensch zu klein für die Gnade, die daraus besteht, zu leben und nicht vielmehr Nichts zu sein. Nun sind wir krank auf den Tod, vom Krebs unserer Taten zerfressen. Die Welt ist faul, Kommissär, sie verwest wie eine schlecht gelagerte Frucht. Was wollen wir noch! 

Ja, Dürrenmatts apokalyptische Visionen! Manchmal geht man in ihnen auf. – Wo bleibt das Positive? In 150 Staaten (von 193) gibt es keine blutigen innerstaatlichen Konflikte, und viele Millionen Menschen leben friedlich in Manila, Lagos, Mumbai und Mexiko-Stadt und vielen anderen Metropolen friedlich zusammen – eigentlich ein Wunder. Doch in etwa 22 Prozent aller Länder der Erde ist es gefährlich und gärt es, das ist heftig. Ein Heiliger sagte einmal, wenn auch nur ein Mensch nicht erlöst sei, bleibe die ganze Menschheit unerlöst. Wenn etwas wie Magdeburg geschehen kann (oder ein Amoklauf in den USA), ist ein ganzes Land erschüttert und muss in sich gehen. Wir sind füreinander verantwortlich. Alles betrifft alle.

Der Zustand der Welt. – Die Bundeszentrale für politische Bildung (Bpz) erklärt genau die Sachlage. Zum Beispiel Mittelamerika. Mexiko und Kolumbien sind unruhige Länder mit viel Gewalt. Das hat allerdings meist mit den Drogen zu tun, mit denen eine Menge Geld zu verdienen ist. In Honduras und El Salvador streifen auch Rebellengruppen umher, im Kongo auch.

Die Zentralregierung kümmert sich oft nicht um die Menschen an der Peripherie, kommt ihrer Verantwortung nicht nach. Alle korrupt. Die Herrschenden in den Hauptstädten bereichern sich. Sie verschwenden keinen Gedanken an die, die 2000 Kilometer entfernt leben. Oft wurden die Länder auch zur Kolonialzeit geplant. Man zog ein paar Striche, und so entstanden riesige Länder, die schwer zu verwalten sind, zumal das Straßennetz oft schadhaft ist. Es werden also keine Krankenhäuser gebaut, es gibt keine Arbeit, die Armen sind völlig alleine gelassen. Manchmal ist der Staat auch nicht existent. Mit der Waffe baut man sich zwar kein Krankenhaus, aber man tut wenigstens etwas, mögen die Jungen meinen.

In vielen Ländern gibt es noch isolierte Stämme und Ethnien, die es noch schwerer haben, etwas zu bekommen oder mitsprechen zu dürfen. Sie gehören nicht dazu, man ignoriert sie gern. Im Extremfall will man sie »ausschalten«, was ein Euphemismus ist, eine Beschönigung: Man will sie ausrotten und auslöschen, wie es Omar al-Baschir, der 25 Jahre den Sudan regierte, mit den Ethnien im Süden des riesigen Landes vorhatte. Das nur, weil sie keine Araber waren. Meist flüchteten sie in den Süden, und so entstand der arme Staat Südsudan. Auch Eritrea entstand so.

Positiv dabei: Die Weltgemeinschaft existiert. Sie beobachtet und versucht, Hilfen zu senden. Durch die sozialen Medien und guten Journalismus können keine bösen Taten versteckt werden. Eines Tages wird die Rechnung präsentiert werden. Es ist nicht daran zu zweifeln, dass alles gut ausgehen wird. Nicht zu unserer Lebenszeit indessen.

 

 

 

 

 

 

 

 

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