Die Jungfrau von Orléans
Am Freitag, dachte ich mir, fährst du nach Orléans. Das musste sein, da ich ja seit langem Giovanna kenne, und dieser Name ist die italienische Entsprechung zu Jeanne und der deutschen Johanna. Jeanne d’Arc, die Jungfrau von Orléans, wurde nur 19 Jahre alt. Man hat sie in Rouen auf dem Scheiterhaufen verbrannt, 1431 war das. Von diesem Jahrhundert weiß ich nur, dass bald danach Boccaccio seinen Dekameron herausbrachte.
Von Sully fährt man an der Loire entlang, oft auf dem Deich. Da gibt es schöne verträumte Orte, stolze Brücken und den Fluß mit seinen Sandbänken.
In Orléans gleich hin zur Kathedrale. Aber erst Pizza essen. Ich war die 45 Kilometer gefahren, ohne etwas zu mir zu nehmen (nur Wasser). Die Bedienung war eine nette Frau, wir redeten über Jeanne d’Arc, und ich stellte fest, dass genau heute ihr Gedenktag war! Am 30. Mai war sie hingerichtet worden. Exakt heute! (Ich hatte erst am Donnerstag, dann am Samstag fahren wollen.) Ein Bild von der Kathedrale, eins von innen (Fahnen haben sie eine Menge) und der Vorplatz mit Blick eine Straße entlang.
Nun zu Jeanne. Die Johanna war gar nicht aus Orléans. Geboren wurde sie in Domrémy in Lothringen 1412. Als 13-Jährige hörte sie die Stimmen von zwei weiblichen Heiligen, und ihr wurde gesagt, sie solle die Engländer von Orléans verjagen und den Dauphin zum König machen, Das gelang der 17-Jährigen, die dem Mann, der zu König Karl VII. wurde, wohl überzeugend ihren himmlischen Auftrag vermitteln konnte. Sie bedrängte ihn, nach Paris vorzustoßen, doch er zögerte, und die spätere Schlacht gegen die Engländer ging verloren. Später agitierten einflussreiche Leute gegen sie, ein englandfreundlicher Bischof ließ sie festsetzen, foltern und töten. 1922 wurde Jeanne heiliggesprochen, und sie ist nun eine Nationalheilige. Am 8. Mai feiert Orléans jedes Jahr eine Woche lang den Sieg über die Engländer. Wer’s ganz genau wissen will, muss Wikipedia konsultieren.
Unten zwei Steine mit Inschriften vor der Kathedrale. Die erste lautet:
Meine Stimmen sagen mir: Führ alles aus, scheu nicht vor dem Martyrium zurück.
Das ist aus ihrer Gerichtsverhandlung. Danach heißt es aber noch: »Am Ende wirst du ins Königreich des Paradieses eingehen.« Das hat man sich erspart. Wäre schön gewesen, gerade vor der Kathedrale. Die zweite ist etwas nichtssagend: Sie sei ein braves Mädchen gewesen, und manchmal habe sie sogar die Herde des Vaters gehütet. Und dann noch eine Jeanne-d’Arc-Straße (in Chateauneuf-sur-Loire).