Mit Velo-Freunden in Sully-sur-Loire

Das Vélo ist ja das Fahrrad. So nennen es auch die Schweizer. »Radl« würde der Bayer sagen. Alte Fahrräder, das klingt ja fast wie ein Protest gegen diese übertechnisierte Welt. Fast alle sind sie nunmehr mit schweren motorgetriebenen Rädern unterwegs, die herkömmlichen heißen un Bio-Bike oder Vélo musculaire. Doch die jetzige Welt ist ausgeblendet während dieser drei Tage.

Ich möchte ein paar Bilder von Menschen zeigen, von denen ich annehme dass sie nichts dagegen haben, abgebildet zu werden. Zunächst muss man sagen, dass dies eine Männerwelt ist. Ganz wenige Frauen sieht man. (Die beiden schönen blonden Schwestern aus Tschechien fehlten auch, ein Jammer!) Und es wird auch ordentlich getrunken. Meine italienischen Freunde boten am Ende des Abendessens immer zwei Flaschen Grappa herum, die Tschechen trinken gern, die Flamen auch. Ich finde das sympathisch. Bin ja ein bayerischer »Spiegeltrinker«: zwei Bier am Abend, vielleicht noch einen Schnaps, nie übers Limit gehen.

Drei Mannen aus Cremona, die die 100 Meilen an Christi Himmelfahrt fuhren und stolz ihre Urkunden zeigen

Ich war, als ich ankam, nicht so gut in Form, eine leichte Traurigkeit war in mir. Ich fühlte mich am falschen Platz. Doch dann wagst du dich zum Abendessen, setzt dich zu den Italienern, und sofort gehörst du dazu, Wärme kommt dir entgegen, und jede Depression verfliegt. Der Mensch ist des Menschen bester Heiler. Und dann kam ich wieder hoch, redete Englisch mit den Indonesiern, Spanisch mit den Kolumbianern, Französisch und Englisch mit allen. Mit Glen aus Kanada unterredete ich mich viel, dann saß ich wieder am Schweizertisch (mir fiel natürlich Thomas Mann ein, Der Zauberberg und Hans Castorp am Russentisch ...), 300 Leute im Saal, man nickte dem zu und anderen, das belebte und machte fast übermütig.

Gigi aus Cremona, der ein wenig Lucio Dalla ähnlich sieht, Lucio, dem Wunderbaren …

Ich dachte auch an die wenigen wissenschaftlichen Konferenzen, an denen ich teilnahm. Es ging um Parapsychologie (ha, Wissenschaft, lachen da manche), man lernte sich kennen, hörte viele Vorträge, sprach angeregt und lebte 3 Tage in einer abgeschlosssenen Welt, und dann hieß es wieder Abschied nehmen, und viele würde man nie mehr treffen, und es war immer eine seltsame Zeiterfahrung: Es dauerte unendlich lang und war intensiv, und dann wiederum war es rasch vorbei. Wie das Leben.

Das Leben … Hier ist der Song Che resterà di me von Dalla. Schon früh hat er sich Gedanken gemacht, was von ihm bleiben werde, von seinem »transito terrestre«. In einem anderen Lied fragt er sich, wie Petrus ihm gegenübertreten werde. Er weiß es jetzt, am Tag nach seinem 69. Geburtstag ist Lucio gestorben. Wenn ich Dalla höre, kommt bei mir Heimweh nach Italien auf.  Diese Emotionen!

Hier in Sully, kehren wir zurück, ging es um die alten Räder, doch dann geht es noch mehr um menschliche Begegnungen. Die Freunde (und Freundinnen) der Veteranenräder springen gern einmal für 3 Tage aus dem Alltag hinaus und hinein in eine vage Vergangenheit. Sie verkleiden sich gern und wollen sich amüsieren. Ich hatte immer eine gute Zeit mit ihnen. Leider tauchte Tony Huntington, den wir rechts im Bild sehen (Cremona 2023), nicht auf. Wie sprühend hatte er damals von einer Schottland-Reise erzählt! Elsie kam alleine und sagte, Tony sei vergangenen Dezember gestorben. Eine Embolie. Ich sehe ihn vor mir und höre seine Stimme, spüre die Ironie darin und seine Sympathie für mich. 85 Jahre war er alt.

Im nächsten Jahr (2026) wird die IVCA in Indonesien ihr Treffen abhalten. Das sind 17 Stunden von hier, und 10.000 Menschen werdenn erwartet. Die Niederländer herrschten ja 350 Jahre über diesen Staat mit seinen 17.000 Inseln, der 270 Millionen Menschen zählt und das viertvolkreichste Land der Erde ist. Die holländische Fahrradtradition hat da überlebt, und spektakulär wird das gewiss: 2ß. bis 24. Mai 2026.

Noch ein paar Fotos.

Marten, der Niederländer. Kam in 3 Tagen mit der Ente

 

German aus Kolumbien und Stella, der Stern, die hieß wie mein Fahrrad. Ich glaube, sie haben nichts dagegen, abgebildet zu werden!

 

Die Nanas, die zum Abschluss ein Konzert gaben

 

Ein Militärradler vor dem Schloss von Chateauneuf. Ich suche ja immer the third policeman …

 

Und last, but not least, Don Camillo. Oder sein Sohn, der er gar nicht haben dürfte, aber das Leben hält sich nicht immer daran, was man darf …

 

Verwandte Artikel (mit dem Jahrhundertrennen, meinem 100-seitigen Versepos über ein Fahrradtreffen):

Das Jahrhundertrennen (2017)Der dritte Polizist

 

 

 

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