Das Licht, ein Gericht

Vielleicht noch einen kleinen Kommentar zu den 100 TestpilotInnen, was, glaube ich, eine repräsentative Auswahl darstellt. Schon vor längerem verwunderte mich das christliche Evangelium zum Pfingstmontag, in dem viel Licht und auch ein Gericht vorkommt. Das ist intepretationsbedürftig.

Ich schreibe es aus meinem Schott von 1938 ab, diese Version gefällt mir besser als modernere Übersetzungen. Es ist Johannes 3,16-21:

In jener Zeit sprach Jesus zu Nikodemus: »So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn hingab, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern das ewige Leben habe. Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass Er die Welt richte, sondern dass er die Welt rette. Wer an Ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes glaubt. Das aber ist das Gericht, dass das Licht in die Welt kam, und die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht; ihre Werke waren nämlich böse. Denn jeder, der Böses tut, hasst das Licht und geht nicht ans Licht, damit seine Werke nicht verraten werden. Wer aber die Wahrheit übt, der geht ans Licht, damit seine Werke offenbar werden, denn sie sind in Gott getan. 

Es geht um die Erlösung, um die Rettung. Glauben muss man, das ist bei den Christen zentral. Die Erlösung ist eine Gnade, ich kann strenggenommen nichts dafür tun, es ist Gottes Angelegenheit. Der Glaube!

Wir sahen indessen, dass auch Atheisten und Skeptiker vom Licht eingehüllt und liebend empfangen wurden; denn Gott ist gnädig, wenn man Einsicht hat. Und nun wird schon ein erstes Gericht erwähnt (von mir fettgedruckt): das im Leben. Lichtscheue Elemente wollen ihre bösen Taten verbergen. Wir richten uns ja in diesem Leben ein, doch ohne es zu wissen, richten wir uns schon her für die Zeit danach: Wir verrichten Taten, an denen wir einst gemessen werden, und noch mehr zählt unser Herz, zählen unsere guten Absichten. Die TestpilotInnen sagen: Es gibt kein Gericht, wir richten uns selbst. Wirklich haben wir uns durch unsere Lebensführung dem Gericht gestellt, und wer gute Absichten hatte, darf ruhig sein. Er (oder sie) kommt an einen Platz, der ihm/ihr angemessen ist.

Jeder erhält einen Platz zugewiesen beziehungsweise nimmt ganz selbstverständlich den Platz ein, der zu ihm passt. Die Bösen fühlen sich unter ihresgleichen wohl, und mit ihnen werden sie sein. Was wir als Hölle bezeichnen, mag ihnen ganz natürlich vorkommen. Grau wird es sein und schmierig, doch das lieben sie ja. Sie werden auch einstens aufsteigen, nur dauert das seine Zeit und setzt Reue voraus. Swedenborg hat geschrieben, dass Seelen, die unberechtigterweise hochstreben wollten, ohnmächtig niedersanken; das Licht ist zu stark für sie.

Bei einem Zitat von Ibn Arabi (1165-1240) dachte ich an unsere TestpilotInnen, die immer wieder betonen, wie real es ihnen vorkam: realer als hier in unserem Leben. Das Zitat:

… die Welt der Imagination (alam al-chayal), die sich zwischen der körperlichen und der geistigen Welt befindet, kann mit barzakh, der Zwischenwelt gleichgesetzt werden und ist »wirklicher« als die körperliche Welt, da sie näher an der Welt des Lichts gelegen ist, obwohl sie weniger ist als das geistige und luminose Reich der Engel.   

Sie waren zwar drüben, doch nicht unwiderruflich. Diese Welt der Imagination ist eine Schöpfung (oder ein Gedanke) der persischen Mystiker (etwa Sohrawardi). Das echte Engelreich ist natürlich völlig fern unserer Welt, davon kann man nicht richtig sprechen.

 

 

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