Electric Light Orchestra

Eine Woche mit dem Licht. Ich hatte über Jeff Lynnes Electric Light Orchestra schreiben wollen, als mir aufging, dass in dem Namen der Band ja auch das Licht steckte. Eine Erleuchtung! Lynne selber ist 75 Jahre alt, und wir Fans tanzten schon vor 50 Jahren zu Roll over Beethoven und hörten traurig Telephone Line, weil uns der Mut fehlte, eine Verehrte anzurufen.

Doch da lese ich bei Wikipedia, dass in der klassischen Musik ein »Light Orchestra« ein leichtes Orchester mit wenigen Musikern ist. Guter Witz! Also nix mit dem Licht; auch egal. Ich wollte einfach über ELO schreiben, das 1970 anfing, als Jeff Lynne 23 war (und ich 13).

Übrigens war meine Initiation in die Rockmusik etwas Besonderes. Sie lässt sich auf eine Szene reduzieren, auf eine Erleuchtung. Neben meinem Bett, genau neben meinem Ohr stand ein uralter Radioempfänger (1950-er Jahre), in dem ich stets AFN hörte. Ich hörte mir Cazy Casum an (wenn man den so schreibt), der jede Woche die 100 größten Hits laufen ließ, »straight to Number one!«. Das dauerte Stunden. Da lief aber kein Rock, sondern gebremster Soul und Gefühlvolles. Ich erinnere mich am besten an »Maggie Mae« von Rod Stewart. Hören wir’s uns an, hier, von 1971, mit den Faces.

Und dann kam um 1973 ein Abend, und 3 Songs hintereinander hauten mich um. Es waren, glaube ich, Monster von Steppenwolf, ein Song von Creedence Clearwater Revival und Locomotive Breath von Jethro Tull. Das war anders als dieser brave Soul und Swing, das ging ins Extrem: Ich wusste, etwas war geschehen. Ich war Rockmusik-Fan. John Kay, der Gründer von Steppenwolf, war 1944 als Ostpreuße geboren, hörte im Westen wie ich AFN und nannte seine US-Band nach dem Roman von Hermann Hesse. Hier ist eine Live-Aufnahme von 2020, und der Sänger meint, der Song sei heute noch aktuell. Er ahnte nicht, wie viel mehr aktuell er 2025 sein würde, da die USA von einem Monster regiert werden.

Also holte ich mir Platten, und mein Favorit war Lamb Lies down on Broadway von Genesis. (Das war ja, wie ELO auch, klassische geprägt und nicht echter Rock: schöne Harmonien, und das Light Orchestra gibt noch Cello und Geige dazu.) Sie sah ich in München, Sommer 1974, mein erstes Rockkonzert, und da beschloss ich, mir die Haare wachsen zu lassen. Später (und auch heute noch) meine Favoriten: Led Zeppelin. King Crimson, Deep Purple, Steely Dan. Doch das sind alte Geschichten. 1988 durfte ich bei der größten deutschen Nachrichtenagentur über Rockmusik schreiben, das war Pionierarbeit, und rechts sehen wir den blutjungen Autor, skeptisch beäugt von dem großen spanischen Tenor José Carreras.

Kürzlich aßen wir beim Vietnamesen in Müllheim, vor der Tür war Cover Night, die Musik stampfte draußen, ich erkannte nichts. Man sagte mir später, eine der gecoverten Bands sei Linking Park gewesen, 1996 gegründet, 2008 zu Erfolg gekommen. Nie registriert. Ich höre auch kein Pop-Radio. So hängt man in seiner Blase fest. Besser sind Techno oder House, da gibt’s keine Namen oder Musiker, nur den Bass und den Sound.

Hatte ich nicht über Electric Light Orchestra schreiben wollen, das leichte Elektro-Orchester? Es hatte viel Erfolg mit dem Album Eldorado (das mit den Schuhen drauf), und sie hatten viele Hits. ELO war aber eigentlich das Unternehmen von Jeff Lynne, der dazu immer andere Musiker anheuerte. 1986 kam nach 15 erfolgreichen Jahren vorerst das Ende; 2014 ging das Orchester als Jeff Lynnes ELO wieder auf Tour. Ich glaube, Ian Anderson hat Jethro Tull auch zu einem Anhängsel seiner selbst reduziert, alte Männer werden gerne monoman, auch wenn man zugeben muss, dass Tull eben Ian Anderson war und ELO eben Jeff Lynne ist.

Zwei Songs gefallen mir besonders:
die Eldorado-Ouvertüre mit Can’t Get It Out of my Head und Telephone Line. Beides wurde hier live vor 5 bis 7 Jahren eingespielt.

Viel Vergnügen!

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