Borges‘ Unsterblicher

Jorge Luis Borges brachte in seiner Sammlung El Aleph 17 Geschichten unter, die er in den Jahren von 1944 bis 1952 geschrieben hatte. Darunter befindet sich auch das Stück Der Unsterbliche. Borges ist immer an die Grenzen des Möglichen gegangen; und in einem Manuskript berichtet ein Mann, er habe die Stadt der Unsterblichen gefunden.

Hier kommt eine kurze Inhaltsangabe (entnommen studocu):

Im Juni 1929 offeriert der Antiquar Joseph Cartaphilus einer Fürstin eine alte Ausgabe von Alexander Popes Ilias. In dem Buch findet die Fürstin nach dem Tod des Antiquars ein Manuskript. Darin erzählt ein römischer Soldat namens Marcus Flaminius Rufus, wie er sich einst auf die Suche nach der Stadt der Unsterblichkeit machte und diese schließlich bei den primitiven Troglodyten fand: einen endlosen Palast mit blinden Gängen und Treppen, die ins Nichts führten. Rufus floh aus der alptraumhaften Stadt, verfolgt von einem Troglodyten, der sich als der Dichter Homer entpuppte.
Da er selbst aus dem Fluss der Unsterblichkeit getrunken hatte, war nun auch Rufus wie Homer und die übrigen Troglodyten unsterblich – ein schrecklicher Zustand, denn erst das Wissen um den Tod gibt dem Leben seinen Wert. Nach Jahrhunderten erlangte Rufus 1921 endlich seine Sterblichkeit zurück. Dem Erzähler erscheint die Geschichte im Rückblick unwirklich und er kommt zu dem Schluss, dass es sich bei Rufus und Homer um ein und dieselbe Person handelt. In einer Nachschrift bezweifelt jedoch ein Wissenschaftler die Echtheit des Dokuments aus der Feder von Cartaphilus – eine Ansicht, die der Erzähler nicht teilt. 
Vielleicht kann man das Ganze etwas abrunden durch die Diskussion eines Artikels in glorian.org. Das sind gnostische Kabbalisten, die Mythen und Literatur symbolisch lesen und dabei fast die Höhen der alten Kabbalisten erreichen. Ich bewundere so etwas, doch man muss ruhig bleiben und darf sich nicht völlig verwirren lassen. Ich las über das 13. Arcanum des Tarot-Kartenspiels, den Tod.
Der Glorian-Dozent nennt die Karte Unsterblichkeit und meint, sie verkörpere das hebräische Mem, das M. Er erinnert daran, dass die Mutter und die Madonna mit M beginnen, das Meer auch, und dass der Tod in manchen Sprachen auch mt einem M beginnt (la mort, französisch, mawta auf Arabisch, met auf Hebräisch. Emet heißt Wahrheit, es steht auf der Stirn des Golem, und wenn du das E auslöschst, fällt er tot um.). Auf der Karte sehen wir meist einen Mann mit einer Sichel: den Schnitter Tod. Er schneidet die Silberschnur durch, die unser Wesen mit dem Leib verbindet. Wenn sie entzwei ist, tritt der Tod ein.
Unser Bewusstsein ist eine Energieform, die nach dem Tod seines Behälters sich einen neuen Weg sucht. Nichts geht verloren, nichts kann verschwinden. Die Gnosis-Kabbalisten wollen wie die Buddhisten dauerndes geistiges Anwesendsein, totales Bewusstsein. Man möge keine Energie verschwenden, man möge seine Begierden abwerfen, dann wäre man schon unterwegs zur Unsterblichkeit. Das beste Beispiel sei die Raupe, die sich hinlegt, worauf der junge Schmetterling ihr entfleucht. Der Körper bleibt zurück; er wird nicht mehr gebraucht.
Erwähnen wir noch, dass das Arcanum (oder Geheimnis) auf den Ark verweist, die Arche des Noah. Der Herr sendet eine Flut, um das Böse darin zu ertränken, und die Seele auf der Arche entkommt. Wasser ist für uns lebenswichtig; das Leben kam auch aus dem Wasser, über dem zudem Gottes Geist schwebte. Moses schlägt mit einem Stab an Felsen, und Wasser erscheint. Zeus und Indra haben ja einen Zauberstab, der im Hinduismus vajra heißt: ein Phallus. Damit können wir uns beherrschen und mit dem Meer verkehren, dem Weiblichen. Jedenfalls müssen wir uns erst reinigen.
Unsterblich dann sein und in einer Wüste sitzen oder an einem mückenverseuchten Drecksloch, das käme der ewigen Höllenstrafe der Christen schon ziemlich nahe. Die ewige Hölle, das sind fake news. Aber 1000 Jahre könnten auch ziemlich ewig wirken, oder? Darum sollen wir stets bei uns sein und wissen, was wir empfinden und weshalb wir etwas tun. Nicht nur jetzt, sondern immer.

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.