Graf Dracul in Paris
Meine These von gestern bestätigte sich gleich wieder: Im neuen Film von Luc Besson, Dracula – Die Auferstehung, darf der Graf in Paris sein Unwesen treiben, noch dazu im Jahr 1880, wie in Die Farben der Zeit. Ich bin jetzt, kurz danach, noch richtig erschlagen: Das ist eine Oper, ein Kraftwerk, ein Trip wie unter Drogen, trefflich choreographiert und orchestriert und düster sowieso. So muss ein Film über Dracula sein!
Ich weiß gar nicht, wie oft Dracula verfilmt wurde. Eine österreichische Seite hat 13 Filme genannt, und 6 sind aus den letzten 20 Jahren.
Besson (geboren 1959, etwas jünger als ich) hat sich an dem Dracula-Buch von Bram Stoker von 1897 orientiert, dem Klassiker. Der Film kommt am 30. Oktober in die deutschen und Deutschschweizer Kinos, darum darf man nicht viel verraten. Ihn zu sehen lohnt sich auf jeden Fall. Seit Ende Juli wird er in Frankreich gespielt, und ich sah ihn vorgestern in Fessenheim im Elsass, gleich hinter dem Rhein. (Links: So nett wurden die Kinobesucher begrüßt. Die beiden hielten Schilder mit »Bonsoir« in der Hand und verteilten gebrannte Mandeln. In einer Woche ist Halloween!)
Graf Dracula (Caleb Landry Jones) ist irrsinnig verliebt, am Anfang gibt es heißen Sex, doch dann wird er von seiner Liebsten getrennt und sucht sie, 400 Jahre lang. Er durchstreift alle Länder, bis er in Paris dem Ziel seiner Träume nahekommt. Christoph Waltz spielt seinen Verfolger, einen Priester (allmählich sieht er immer mehr wie Kris Kristofferson aus).
Dracula ist ja ein Untoter. Er kann nicht sterben. Es ist ein dunkler Mythos vom Ende des 19. Jahrhunderts, und bald danach (1915) machte Gustav Meyrink durch einen Roman den Golem populär, der von einem Rabbi erschaffen wurde und schwer zu beherrschen ist. Die Zombies sind wiedererweckte Tote und gehen auf Geschichten in Haiti zurück.
Mit dem Werwolf ist der Vampir auch verwandt. Ein Mensch wird zum Wolf. In den Geschichten darüber trifft es meist einen einfachen Mann. Graf Dracula jedoch ist ein Adeliger. Könige und Fürsten verlangten ja Steuern, um ihre Kriege zu führen, und saugten ihre Untertanen bis aufs Blut aus.
Wer von Dracula in den Hals gebissen wird, wird selber ein Vampir, schläft am Tag im Sarg und ist in der Nacht auf der Suche nach Blut. Wer gehört zu den Saugern? Man erkennt sie an den markanten Eckzähnen.Der Vrykolakas nimmt in Griechenland mit, wer auf sein erstes Klopfen (oder Rufen) reagiert. Ich erinnere mich an eine UFO-Serie, Invasion von der Vega. Die Außerirdischen konnten Menschen »umdrehen«, und einen Veganer (ha, Veganer!) erkannte man nur an dem abgespreizten kleinen Finger und dem leeren Blick. Vielleicht drücken alle diese Geschichten eine Furcht vor der Invasion aus, vor der Unterwanderung, die womöglich im kollektiven Unterbewussten wurzelt.
Was keine Entschuldigung dafür ist, unsere Brüder und Schwestern von anderen Kontinenten schief anzusehen. Sie wollen uns nichts Böses, sie wollen nur arbeiten und ein wenig Spaß haben wie wir alle. Kein Grund, sie wegen ihres Aussehens oder ihrer Hautfarbe zu verteufeln und »auszuschaffen« (Schweizer Ausdruck), wie es derzeit in den USA geschieht.
