Rein in die Spree!

Heute um 10 Uhr ist es wieder soweit: In Stralau am Ufer der Spree (Bushaltestelle Tunnelstraße) treffen sich 20 bis 30 harte Männer und Frauen, um in die Spree einzutauchen. Vor einer Woche war das Wasser 8 Grad frisch. Die Ice Dippers lieben das. Die Kälte erfrischt! Die meisten bleiben 5 Minuten im Wasser, nur Jens, der hält es fast 12 Minuten aus. Von November bis März machen sie das, jeden Samstag um 10.

Um 10 Uhr oder etwas danach setzt man sich und meditiert ein wenig. Letzte Woche regnete es noch dazu leicht.

Dann stimmt Krister (vielleicht schreibt man ihn auch mit Ch) die Anwesenden mental ein, macht auch Atemübungen, und manch einer dehnt seinen Körper.

Dann entkleiden sich alle und nehmen Aufstellung. Nun gibt es kein Zurück mehr!

Nun nichts wie rein in die Spree! (Wir wissen alle, welche Überwindung das kostet, auch bei 25 Grad Außentemperatur. In der Südtürkei in einem Pool in den Bergen war das Wasser auch eisig, ich erinnere mich …) Doch wenn man mal drin ist und die Pumpe noch funktioniert, fühlt man sich vermutlich gut; zumal man nicht allein ist.

Sie stellen sich hin und heben ihre Arme und verflechten die Hände hinter dem Nacken: Das ist die richtige Positur. Ich sah fasziniert zu und wählte einen anderen Blickwinkel.

Nach 5 Minuten Stille und Besinnung kommen sie wieder ans Ufer. Und sie sind gut drauf und können noch reden! Und ziehen sich wieder an. Nur Jens, wie erwähnt, blieb länger.

Ich durfte ihn sogar fotografieren. Jens will von 8. bis 20. März (2026) am Winter Swimming World Championship in Oulu (Finnland) teilnehmen.

In 10 Disziplinen messen sich dann mehr als 1000 Winterschwimmer aus aller Welt. Wie wir dem Link zur Veranstaltung entnehmen, fand dort vor 20 Jahren die erste Weltmeisterschaft statt, denn damals war auch die International Winter Swimming Association gegründet worden. Viel Glück, Jens!

Die Finnen haben ja mit der Sauna angefangen, und durch den Aufenthalt in 80 Grad erhitzt, tritt man hinaus in die Winterkälte und geht im Schnee herum. Das härtet ab, und es hat Schule gemacht. Man meint, es verhelfe zu einem längeren Leben. Im November werden die Tage immer kürzer, es wird kälter noch dazu, und da braucht man viel Lebenskraft.

Zufällig fand ich in dem Roman Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk von Jaroslav Hašek eine wunderbare Stelle dazu. Schwejk war abgängig, und als er endlich wieder zu seinem Chef Oberleutnant Lukasch stößt, ist dieser wütend und lässt ihn in den Arrest sperren. Dort lernt der brave Soldat einen namenlosen »Einjährigfreiwilligen« kennen, der erzählt, er habe dem Kriegsdienst entrinnen wollen. Er versuchte, Rheumatismus zu bekommen. Klappte nicht. Also?

Dann hab ich im Winter eine Woche lang in der Maltsch gebadet, hab aber das grade Gegenteil erzielt, Kamerad, ich hab mich so abgehärtet, dass ichs ausgehalten hab, in dem Haus, wo ich gewohnt hab, die ganze Nacht im Hof auf dem Schnee zu liegen, und früh, wenn mich die Hausleute geweckt haben, hab ich die Füße so warm gehabt, wie wenn ich Pantoffel angehabt hätt. Wenn ich wenigstens Angina bekommen hätt, aber es ist mir absolut nichts passiert. 

 

(Jaroslav Hašek, Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk, Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1985, S. 302/303)

 

 

 

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