Himmelsmänner

Der frühere Flugplatz Bremgarten ist heute ein Gewerbegebiet, pardon: ein Gewerbepark. In dieser Hitze, noch dazu an einem Wochenende, wirkt das Gelände verödet und wie seit langem aufgegeben. Schnurgerade breite Straßen mit Radwegen führen vorbei an Flachbauten auf riesigen eingezäunten Flächen; abgestellte Lastwagen; Kieshaufen erheben sich aus Wiesen; in der Ferne blauen die Ausläufer des Schwarzwalds. Oben brummen ein paar einmotorige Maschinen. Flieger, grüßt uns die Sonne! Wir schauen zu euch auf.

 

Im Erdgeschoss des (in der Fotomitte zu sehenden) Wasserturms wird an den deutschen Kampfflieger Max Immelmann erinnert, den Namenspatron des Aufklärungsgeschwaders 51. Symbol: eine rote Eule. Das Museum sei jedoch »hauptsächlich den Kameraden des ehemaligen bayerisch-badischen Geschwaders« gewidmet, das des Piloten Namen »mit Stolz als Traditionsnamen trug«, heißt es beim  Traditionsverein Aufklärungsgeschwader 51 »Immelmann«.  

Immelmann gehörte neben Oswald Boelcke und Manfred von Richthofen zu den drei populärsten Piloten im Ersten Weltkrieg. 1890 als Sohn eines wohlhabenden Industriellen in Dresden geboren, kam er nach seiner Pilotenausbildung 1915 im Krieg zu den Feldfliegern in die Ardennen. 

In dem Jahr, das ihm blieb, holte er immerhin 15 Flugzeuge vom Himmel und wurde der »Adler von Lille« genannt. Am 18. Juni 1916 dann lag er tot neben den Trümmern seiner Fokker, die vermutlich durch die eigene Flugabwehr getroffen wurde (Wikipedia); der Vereinsvorsitzende  Heinz Braun meint jedoch, er habe sich, bedingt durch einen Defekt, den eigenen Propeller zerschossen. Max Immelmann wurde 26 Jahre alt. Oswald Boelcke, ein anderer gefeierter Pilot, stürzte im Oktober ab, und der »Rote Baron« Freiherr von Richthofen wurde im April 1918 abgeschossen. (Er galt als Held noch 1927, weshalb mein Vater den Vornamen Manfred erhielt, den er dann an mich weiterreichte.) 

An einem schönen Maitag dieses Jahres fuhr ich mit dem Rad in den Ort Aubenton ein, südlich der belgischen Grenze. Da stand Musée Jean Mermoz an einem Haus. Ich fuhr weiter, drehte aber wieder um. Mermoz, das sagte mir etwas. Da standen zwei Männer und eine Frau und sagten, morgen beginne eine Ausstellung über das Leben des kühnen Piloten Mermoz. Sogar ein paar kleine Flugzeuge würden über dessen Geburtsort kreisen. Ich schaute mir die Bildwände an. 

Als Immelmann abgeschossen wurde, lebte der 16-jährige Mermoz hier, 70 Kilometer östlich von Douai. Dann ging er nach Paris und wurde Flieger. Erst galt es, die Pyrenäen zu überqueren; als das keine Hürde mehr war, ging es über den Atlantik. Mermoz überquerte ihn von 1930 bis 1936 24 Mal. Er flog oft die Strecke Casablanca−Dakar. Jean Mermoz stürzte mit seiner Maschine und vier Besatzungsmitgliedern kurz vor seinem 35. Geburtstag ins Meer. Zwei Zitate von ihm zeigen den Flieger, wie man ihn sich wünscht: »Für uns ist ein Unfall, wie im Bett zu sterben.« − »Weißt du, am liebsten würde ich niemals landen.« 

Noch ein Mann ist zu nennen (es gab damals, um1920/1930 aber auch einige  großartige Pilotinnen): Antoine de Saint-Exupéry, geboren ein Jahr nach Mermoz in Lyon. Er war im Zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe. In seinem Buch Pilote de Guerre (1942; deutsch Flug nach Arras; Arras liegt 20 Kilometer westlich von Douai) schreibt er: »Früher habe ich Abenteuer erlebt: die Einrichtung der Postlinien, die Überwindung der Sahara, Südamerika … Das Abenteuer beruht auf dem Reichtum der Beziehungen, die es anknüpft, der Probleme, die es stellt, der Schöpfungen, die es hervorruft. (…) Der Krieg ist kein Abenteuer. Er ist eine Krankheit. Wie der Typhus.« Saint-Exupéry stürzte 1944 auf seinem letzten geplanten Flug bei Marseille ab.  

Cockpit eines Jets (im Museum zu sehen) 

Ein echtes Abenteuer erlebte Jean Mermoz bei seinem ersten Südatlantik-Flug, und Saint-Exupéry schildert es in seinem Buch Terre des Hommes. Mermoz fliegt unter den Wolken und taucht in ein fantastisches Reich ein (Übersetzung von mir).   

»Wasserhosen ragten empor, anscheinend unbeweglich wie die schwarzen Säulen eines Tempels. Sie stützten, an ihren äußersten Enden angeschwollen, das düstere und niedrige Gewölbe des Sturms, aber durch Risse im Gewölbe drangen Bahnen von Licht ein, und der volle Mond leuchtete durch die Säulen auf die kalten Fliesen des Meeres. Und Mermoz folgte seiner Route durch diese unbewohnten Ruinen, schwenkte von einem Fahrwasser des Lichts ab zum nächsten, umrundete diese gigantischen Pfeiler, unter denen zweifelsohne das Meer sich grollend hob, und er flog vier Stunden an den Lichtströmen des Mondes vorbei zum Ausgang des Tempels. Und dieses Spektakel war derart atemberaubend, dass Mermoz, kaum dass das Dunkel hinter ihm lag, bemerkte, dass er keine Angst gehabt hatte.«     

4 Kommentare zu “Himmelsmänner”

  1. Heinz Braun

    Sehr schön – ich werde das an meine Vereinsmitglieder weiterleiten. Einen sahclichen Fehler möchte ich anmerken – das Museum ist – trotz des Namens – nicht nur dem Kampfflieger des 1. WK Max Immelmann gewidmet, sondern hasuptsäachlich den Kameraden des ehemaligen bayrisch-badischen Geschwaders, das seinen Namen mit Stolz als Traditionsnamen trug, wuie es die Vereinsmitglieder immer noch tun.
    Heinz Braun
    Vereinsvorsitzender Traditionsverein Aufklärungsgeschwader 51 „Immelmann“ Bremgarten e, V.

  2. Rüdiger Neu

    Ich war von 1972-1983 im Geschwader als Sodat tätig. Ich erinnere mich jede Woche an die schöne „alte“ Zeit. Ich fahre auf dem Weg zum Golfplatz wöchentlich zwei Mal über die alte Geschwaderhauptstrasse und werde dabei immer gedanklich in die Vergangenheit versetzt. Wehmut erfüllt mich, wenn ich wöchentlich mit dem neuen Leben des ehemaligen Flugplatzes konfrontiert werde. Aber der Fortschritt und die Veränderungen der Zeit sind natürlich nicht aufzuhalten. Danke für den tollen Bericht.
    Beste Grüße
    Dr.Rüdiger Neu

  3. Manfred Höss

    Hallo Manfred . Da hast Du einen Tollen Beitrag geschrieben .. Unser Freund Immelmann hatte sich wirklich selbst den Propeller abgeschossen . Wie Heinz das schon sagte . Die Steuerung war rein Mechanisch über einen Unterbrecher ,, Unglaublich auf was die sich damals einliessen … Einer der Gilde war auch ernst Udet .. Von ihm hab ich ein Buch auf einem Flohmarkt ergattert ,, Mein Fliegerleben heisst das und schön geschrieben .
    Viele Grüsse
    Manfred Höss
    Neu Isenburg / Gravenbruch
    PS-, Ich war 4 Jahre ein Immelmann , schraubte am Starfigther Triebwerk . danach gings zur zur Lufthansa Technik , 40 Jahre Boeing und Airbus , Frankfurt und Weltweit … vom Schrauber zum Planer … und Musik war auch dabei .

  4. Jürgen Geißler

    Guten Tag Hr. Poser,

    ich war 8 Jahre Zeitsoldat auf dem Flughafen Bremgarten. Während meiner aktiven Zeit war im 1.Wart auf dem Flugzeugmuster Phantom RF-4E, mein Dienstgrad war der eines Oberfeldwebels. In meiner Zeit in Bremgarten habe ich soviel gelernt ( unter anderem belegt ich auch eine Ausbildung zur Durchführung von Triebwerksprüfläufen)davon habe ich heute noch vieles Wissen in mir was mir in meinem Berufsleben immer wieder hilft und soviel schönes erlebt das ich jedesmal wenn ich nach “ Hause“ komme , meinen Flughafen besuche. Und es macht mich traurig was ich sehe….Ich habe auch immer noch Kontakt mit Menschen die dort leben und nicht wenige wünschen sich die Zeit zurück als die Luftwaffe sprich das Immelmann Geschwader noch dort staioniert war. Es war eine wunderbare Zeit, und ich möchte sie nie mehr vermissen. Ich selber habe nach meiner aktiven zeit auf dem zweiten und dritten Bildungsweg noch viel jahre auf Schulen verbracht, und war viele jahre in Stuttgart sowei in München eine Zeitlang in Amerika und habe jetzt eine eigene Firma im Bereich der Luftfahrt in Kirchheim Teck. Nach meiner Zeit bei den Immelmännern habe ich viele Jahre als Flugzeugprüfer Klasse 1 an diversen Flugzeugmustern gearbeitet danach war ich bei einer großen Airline ( nein keine Deutsche:)) und war dort im Engineering als Systemingenieur tätig. Und über die ganzen Jahre habe ich immer an die Immelmänner gedacht, auch habe ich es genossen wenn ich mal in Freiburg war „meine Phantoms“ im Freiburg Himmel zu sehen. Den Jet Noise des J79-17A Triebwerkes zu hören und einfach den Moment zu genießen. Heute ist es ruhig geworden, sehr ruhig…Ist wirklich jeder Fortschritt besser ? Ist die Welt wirklich sicherer geworden ? Dies war ja einer der Gründe warum das Geschwader geschlossen worden ist ( Weltweite Entspannung….) Geht es der Gegend im Markräflerland besser ? Manchmal, ganz heimlich fahre ich über meine alte Heimat , fahre über die C-Line, schaue mir die noch verbleibenden Shelder an, die alte Halle, dann mache ich kurz die Augen zu und dann ist es wieder da, das Gefühl und die Musik der “ Never Forgotten Days of Thunder “

    Ich bin stolz darauf ein Immelmann zu sein. Und ich werde bis zum letzten Tag in meinem Leben ein Immelmann bleiben.

    Mit sonnigen Grüßen aus Kirchheim Teck und einen sehr schönen Bericht haben Sie geschrieben. Großes Lob.

    Jürgen Geißler