Die Träumer

Die Jesuiten kamen 1668 zu den Seneca-Indianern, und Vater Fremin stellte bald fest: »Die Irokesen haben, wenn man es genau nimmt, nur eine einzige Gottheit – den Traum. Ihm unterwerfen sie sich, und all seinen Befehlen folgen sie mit der größten Genauigkeit. … Was immer sie glauben, im Traum getan zu haben, das fühlen sie sich gezwungen, auf der Stelle in die Tat umzusetzen.«

Das blieb auch 130 Jahre später so und galt sogar, in geringerem Maße, noch für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. In der Ausstellung im Gropius-Bau hatte ich nichts darüber erfahren, sonst hätte ich es erwähnt. Anthony F. C. Wallace schrieb in einem 1958 veröffentlichten Beitrag (im Sammelband Magic, Witchcraft, & Curing von John Middleton, 1974), dass vermutlich Träume zu dem Gedanken führten, dass der Mensch eine Seele habe. Die Theorie der Irokesen über Träume sei geradezu psychoanalytisch. Unsere Seele habe Wünsche, die ihr eingeboren und versteckt seien.  

Vater Ragueneau argumentierte 1649, sie [die Seneca und die Huronen] glaubten, dass der Traum die Sprache der Seele sei, und wenn deren Wünsche erfüllt würden, sei sie zufrieden; wenn dies nicht geschähe, werde sie wütend. Obendrein erkannten die Irokesen bewusste und unbewusste Teile des Geistes, manifeste und latente Trauminhalte, und sie waren auch mit der freien Assoziation vertraut. 

Traum vom Großen Vogel (von Rolf Hannes)

Die symptomatischen Träume waren eher banal; sie wurden geträumt von Jugendlichen, von Kriegern, von Kranken (ob Frauen dieselben Rechte hatten, wird nicht ganz klar); und sofort nach dem Aufwachen mussten sie realisiert werden, ob jemand träumte, er sei verbrannt worden, er habe Geschlechtsverkehr gehabt oder einen Franzosen getötet (da half man sich, indem man ihm die Jacke eines toten Franzosen gab). In Besuchsträumen ging es um Botschaften von Göttern, das war ernst, und man rief die Stammesältesten zusammen.  

In dem Roman Flamingofeder von Laurens van der Post, den ich einmal behandelt habe, geht es um den Traum eines Mädchens, der für die `Takwena in Südafrika große Bedeutung hatte – »er war die lebendige Mitte, um die alles kreiste« (im Roman). »Träume waren die ursprünglichen Führer der Menschen durch die Dunkelheit«, vermerkte der Schweizer Psychologe Carl Gustav Jung einmal.

 

 

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