Mondaufgang

Für den Mondaufgang muss man wenigstens nicht früh aufstehen. Das Erscheinen des Mondes signalisiert den Beginn meines abendlichen Schreibens: 21 Uhr etwa. Die alten jüdischen Talmudisten haben es auch so gehalten: am Tag der Input; in der Nacht die Verarbeitung. Ich wartete also (vor ein paar Tagen) auf den Mond und behielt die Oberkante des bewaldeten Castellbergs im Auge.

Erst wurde innen drin in kleines Licht entzündet; dahinter war er wohl, und es wirkte, als würde er sich durchs Geäst fressen wollen.

Dann hatte er sich schon gut freigeschaufelt.

  

Und stand da. Die Kontinente auf dem Mond sieht man leider nicht, und etwas gequetscht wirkt die gute alte Freundin (la luna heißt sie ja auf Italienisch, la lune auf Französisch).

Wenn der Mond kurz vor dem Aufgehen war, versammelte sich die gesamte Mannschaft japanischer Schiffe auf dem Deck, schrieb Laurens van der Post in seinem Buch Yet Being Someone Other. Und als er dann über den Horizont stieg, verneigten sich alle und murmelten Segenswünsche. Und, schrieb van der Post, da frage man sich noch, warum ihm die östliche Kultur näher sei als die westliche.  

Vollmondnächte! Robert Musil hat wunderschön über sie geschrieben. Steely Dan komponierten einen wunderbaren Song über die Nächte in San Francisco, vermutlich bei Vollmond, und man arbeitet bei Kerzenschein wie ich hier. Der Mond schaut ins Zimmer, die Erde dreht sich und zieht mich an ihm vorüber. Und ich trage übrigens um den Hals ein Indianer-Schmückstück, das Moon heißt, gefertigt von Eugene Isaac.

2 Kommentare zu “Mondaufgang”

  1. Regina

    Lieber Manfred,

    …und die vielen schönen Gedichte über den Mond – nicht zu vergessen!!! ciao Regina

  2. web108

    Liebe Regina! Ach ja, du hast recht, und „Moon River“ und „Moon over Bourbon Street“ von Sting … aber hier ist ein schönes Mondgedicht der japanischen Prinzessin Awata, 8. Jahrhundert: „Ich werde den Mond erwarten, / um nach Hause zu gehen. / Die rote Orange, / in mein Haar gesteckt, / wird in seinem Licht zu sehen sein.“ Ciao Manfred.