Namensschilder

Die folgende Geschichte ist sicher nicht erfunden, denn sie steht in dem bekannten Sachbuch The Culture of Pain (1991; dt. 1994, Die Geschichte des Schmerzes) von David B. Morris, der sie selbst erlebt hat. Sein Vater war ein bekannter Arzt gewesen, er jedoch war »nur« Professor. Doch nun, nach langen Verhandlungen, wurde ihm eine Weile von einer Schmerzklinik der weiße Kittel zugestanden.

»Als ich … zur Schmerzklinik ging, wuchs in mir der gefährliche Übermut, der ohne Zweifel die grössten Betrüger der Welt beseelte. Meine Jahre als Professor hatten mir nie einen derartigen Mantel der Macht verliehen. … Ich kann nicht verhehlen, dass ich dieses Gefühl der Macht genoss, das mir durch den weißen Kittel zukam. … Ich schenkte besonders ängstlich wirkenden Patienten ein beruhigendes professionelles Lächeln. Mein weißer Kittel war eine monströse Lüge, die aber nur mich betraf. Patienten erwarten, dass ein Arzt Kompetenz verbreitet, und ich wollte sie nicht enttäuschen …« 

Dann musste er jedoch den Weg zur Station der Krankenschwestern erfragen und fand es komisch, und er dachte an die Anekdote über den verhassten Drei-Sterne-General, den das Klinikpersonal eine halbe Stunde aus Rache bäuchlings liegen ließ, und im Rektum steckte ein Löwenzahn, kein Thermometer. (Ärztlicher Humor sei oft etwas analfixiert, meinte Morris.)  

Nun die Pointe: Er sieht, dass an dem weißen Kittel ein Namensschild befestigt ist. Darauf steht Dr. O. Bastard. Der Bastard also, das illegitime Kind, der Außenseiter, der Ungeliebte, der Betrüger – das war er! Wochen später versicherte ihm das Personal, Dr. Oliver Bastard sei ein Arzt aus Übersee gewesen, der den Kittel bei seiner Abreise hängen habe lassen. Ob es nicht doch ein Scherz war? Überprüfen ließ sich die Angabe nicht.  

Namensschilder. Ich lese in meinen Notizen (3.6.2013): »Über die Unruh [Antrieb der Uhr] nachgedacht, Käse gekauft bei Frau M. Ruh, Verkäuferin im Edeka Sulzburg.«  

Dann gibt es in dem Film Fearless – Jenseits der Angst von Peter Weir (1993) eine hübsche Szene. Der Architekt Max Klein (Jeff Bridges) hat einen Flugzeugabsturz überlebt und hält sich für unverwundbar. Früher war er gegen Erdbeeren allergisch; ihr Verzehr konnte ihn das Leben kosten. Er sitzt mit einer Freundin in einem Café und zaudert, ob er Erdbeeren bestellen soll. Da fällt sein Blick auf das Namensschild der Bedienung, und wir sehen seine Verblüffung, denn da steht Faith (Glauben). Er bestellt mutig Erdbeeren – und überlebt.

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