Der Fall Lena Odenthal
Ich mag Ulrike Folkerts, weil ich patente, humorvolle, gutaussehende und ruppige Frauen mag (Giovanna ist deren Urbild.). Darum schaue ich mir geplant und freiwillig nur den Ludwigshafener Tatort an, und der jüngste hieß Blackout und lief vorgestern Abend im ARD. Lena Odenthal ist die dienstälteste Tatort-Kommissarin.
Ich weiß nicht, ob ich mich täusche, aber Ludwigshafen kam früher anders rüber. Ich mochte dies fahlen Farben, den Blick auf die nächtliche Häuserkette am Rhein zu Jazzmusik, die zerstörten Industrieanlagen. Da durfte es auch manchmal um sozial Schwache gehen und um arme Ausländer.
Berlin, wo Ulrike Folkerts lebtDer neueste Tatort hat irgendwie ein schreckliches Facelifting bekommen. Plötzlich waren die Bilder so klar, die Räume bunt und prall voll mit Gegenständen; die Kamerapositionen waren manchmal ziemlich gesucht (von oben, von schräg), aber vor allem war die Geschichte im Tatort-üblichen Ambiente angesiedelt: bei gut Situierten, und da die schon alles haben, ging es natürlich um Sex.
Meist geht es um Verbrechen von PR-Leuten, Ärzten, Journalisten und Anwälten; dieses Mal befanden wir uns in einem Architektenbüro, auch mal in einer luxuriösen Studentenwohnung, die man Bude nicht nennen kann. Sehr viel Wert wurde auf die Requisiten gelegt. Nun ist der Ludwigshafener Tatort wohl auch bei der Hochglanzkulisse angekommen, alles ebnet sich ein.
Lena Odenthal ist schlecht drauf. Immer mal wieder klappt sie zusammen, atmet schwer; meine Güte, die arme Ulrike Folkerts musste ihren persönlichen Kreuzweg durchmessen. So richtig motiviert war das nicht, für Psychologie hat man im Fernsehen wenig übrig. Also musste sie schlecht gelaunt sein und ihre Launen an allen auslassen. Schön war die Überschrift im FAZ-Beitrag dazu: 25 Jahre Einsamkeit. Ist es das? Lena Odenthal ist eben als Kommissarin konstruiert, die nur ihren Fall kennt. Auch das hat man nie richtig motiviert, doch Ulrike Folkerts brachte eben ihre Aura mit, und man glaubte ihr.
Auch Bartetzko in der FAZ rügte das Drehbuch. Da gibt es die nassforsche junge Profilerin, die messerscharf analysiert und auch einen neuen Schwung hereinbringt. Sie gibt Lena zu verstehen, deren Engagement in dem Fall sei zu stark, das sei von gestern. Dagegen hätte man nun schön die Intuition einer langjährigen Kommissarin setzen können, um die Technik- und Faktenverliebtheit der neuzeitlichen Jungermittler ins Zwielicht zu rücken. Hat man aber nicht gemacht.
Stattdessen muss Lena die Witwe und den Bruder des Opfers scharf angehen, was die Kommissarin ins Unrecht setzt. Kann es sein, dass eine Frau, die seit fast 25 Jahren Fälle untersucht, so wenig Fingerspitzengefühl hat? Muss sie wie ein Stier auf jeden losgehen, der ein Motiv hat? Dass eine Frau ihren Mann, ein Bruder seinen Bruder tötet, ist möglich, aber erst einmal nicht so wahrscheinlich. Wo blieb da ihr Instinkt?
Den wollte das Drehbuch nicht. Lenas Krise musste sich als ungehemmte Aggression äußern. Dabei war sie sonst immer gerecht und verständnisvoll. Die Schauspieler, die Tatort-Kommissare verkörpern, sind leider nur hochbezahlte Handlanger, die sagen müssen, was das Drehbuch ihnen vorschreibt. Wenn Drehbuchautoren zusammen mit den Schauspielern eine Geschichte entwickeln würden, könnte etwas Schönes herauskommen. Aber diese Gesellschaft ist hoch spezialisiert und läuft gut geölt, und am Ende, wenn alles zusammengebastelt ist, kommt eben ein Tatort heraus, der kompatibel ist mit dieser Welt.
am 28. Oktober 2014 um 08:53 Uhr.
Lieber Mandy!
Kein Wort über Koppers neues schickes Bärtchen? Cool! War noch das Beste bevor ich vorzeitig abgebrochen habe (katastrophal…) Ciao Gina