Der Seher von Schlochau

Ich wiederhole heute einen Titel, den der Spiegel (Hamburg) am 11. Februar 2001 verwendete. Das Magazin stellte damals ein in Pommern lebendes Medium vor, das der Polizei bei Kriminalfällen hilft. Die Fälle von Krzysztof Jackowski aus Czluchów sind nun in einem Buch behandelt worden, das der englische Verlag White Crow Books unlängst veröffentlichte.

Damals war Jackowski 38 Jahre alt, also ist er heute 60. Der Spiegel-Mann versuchte natürlich alles, das polnische Medium schlecht aussehen zu lassen, denn wenn’s ums Paranormale geht, hört bei Journalisten die Objektivität auf. Immerhin durfte der Kripo-Chef der polnischen Kleinstadt sagen, Jackowskis Ergebnisse seien gut; er selbst sprach seinerzeit von einer Erfolgsquote von 60 Prozent.

the_mind_at_largeNun haben White Crow Books den Band The Mind at Large: Clairvoyance, Psychics, Police and Life After Death: A Polish Perspective herausgebracht. Das ist verdienstvoll, weil wir auch mal etwas aus unserem europäischen »Nahen Osten« lesen wollen, nicht immer nur von amerikanischen Psi-Größen. Bei manipogo kam immerhin schon Franek Kluski vor, und Stefan Ossowiecki (1877-1944) hätte im Zusammenhang mit Psychometrie erwähnt werden sollen (wurde aber vergessen), die bei Kriminalfällen zuweilen auch eine Rolle spielt. Persönliche Gegenstände des Vermissten oder des Opfers tragen vermutlich dessen Signatur, was Eindrücke hervorrufen könnte.

Jenseits des Atlantik und in Australien ist es nicht ungewöhnlich, dass die Polizei Medien heranzieht, und auch da sind die Erfolge gut. Zofia Weaver und Krzysztof Janoska haben detailliert wichtige Fälle Jackowskis der letzten 20 Jahre aufgeführt und diskutiert: also alles, was der Pole nach dem Spiegel-Artikel anpackte. Der Mit-Autor Janoska ist ein junger Polizei-Offizier, der seine Diplomarbeit dem Einsatz von Hellsehern bei Kriminalfällen widmete.

The Mind At Large könnte man vielleicht mit erweitertem Bewusstsein übersetzen. Der Verlag erwähnt, dass man Hellsehen als ein fundamentales Merkmal des bewussten Universums sehen könnte und nicht nur als Anomalie. In den vergangenen 100 Jahren ist ein ansehnlicher Korpus an Beweisen entstanden, die von Skeptikern gern ignoriert werden. Man denke nur an die begabten Hellseher, die zu Hause, nur mit einer Landkarte und ihrem Geist bewaffnet, Militäranlagen und Atom-U-Boote der Sowjets ausspähten und dafür von der CIA bezahlt wurden.

Ihre Methode heißt Remote Viewing (etwa Fernwahrnehmung), und manipogo hat darüber geschrieben. Wissenschaftliche Beweise dafür gebe es nicht, schreibt die deutsche Wikipedia; es handle sich um Pseudowissenschaft. Das mag sein, aber niemand wird das »erweiterte Bewusstsein« in einem Atemzug mit der hehren Wissenschaft nennen wollen; das sind unterschiedliche Kategorien.

Ich erinnere mich an einen Besuch von Edwin May am Freiburger Institut, bei dem er über dieses US-Projekt sprach, das den Codenamen Stargate trug. Die CIA stellte dann 1995 die Förderung ein, weil das Projekt sich als völlig nutzlos erwiesen habe, schreibt die englischsprachige Wikipedia. Ich bin mir nicht so  sicher, ob das der wahre Grund war, und die Einstellung der Wikipedia zu Psi kennt man.

51lRCRst8JL._SY264_BO1,204,203,200_QL40_ML2_Auch das Buch The Blue Sense von Marcello Truzzi und Arthur Lyons kommt mir in den Sinn, das bereits 1991 entstand und das ich mit Begeisterung las, weil ich irgendwann einmal darüber schreiben wollte.

Die Vorstellung des Buches aus Polen ist etwas kurz geraten. Am interessantesten jedoch kam mir vor, dass Jackowski selbst angibt, die Toten meldeten sich bei ihm und gäben ihm Informationen über ihr Schicksal. Auch das ist nicht neu. Mordopfer haben nicht selten das Medium auf die Spur ihres Mörders gebracht, doch konkrete Fälle kann ich nicht angeben. Wikipedia in englischer Sprache hat einen umfangreichen Artikel über Psychic Detectives, der vielleicht und hoffentlich nicht nur Misstrauen und Unglauben bietet.

 

 

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