Zeitgespenster

Schöner Titel. Zeitgespenster. Erscheinungen des Übernatürlichen in der zeitgenössischen Kunst heißt eine Ausstellung, die ab heute im Museum Morsbroich in Leverkusen zu sehen ist (bis 6. Januar 2013). Das Museum befindet sich östlich des Stadtzentrums im gleichnamigen Schloss, das 1220 zum ersten Mal erwähnt wurde und von 1619 bis 1803 Sitz des Deutschen Ritterordens war (als die Ritter nicht mehr viel zu melden hatten).

Ich bin ja derzeit in Rom und nicht in Leverkusen und kann deshalb nicht viel Erhellendes beitragen. Aber Gespenster und das Übernatürliche gehört zu meinem Sprengel; das muss immer registriert werden. Geben wir also besser den Ausstellungsmachern das Wort:

»Den an der Ausstellung beteiligten Künstlern dient die Beschäftigung mit oder die Einführung von Gespenstern der Reflexion gesellschaftlicher und kultureller Phänomene im Umgang mit dem Unerklärbaren und Verdrängten: Der Auftritt des Gespensts als das Andere, die „Figur des Dritten“, das die herkömmliche dualistische Ordnung von Innen und Außen, Diesseits und Jenseits, Leben und Tod aushebelt und rational getrennte Sphären miteinander vermittelt. Die so verstandenen ›Zeitgespenster‹ werden zu Agenten einer kritischen Sicht auf eine vieldimensionale Welt.« (Bild: eine Skotographie von Margaret Donohoe.)  

So muss man das schreiben. Ich glaube ja nicht, dass die zeitgenössische Kunst viel zur Diskussion über das Übernatürliche beitragen kann. Horror und Gothic sind schick, man hat Filme gesehen und kennt die einschlägigen Bücher, dann denkt man sich einen düsteren Titel aus und schafft drauflos. Irgendwie hat man den Eindruck, dass die Alten wie Füssli und Caspar David Friedrich, die ihre Werke in Frankfurt ausstellen, näher dran waren, sie waren vielleicht wirklich von Dämonen gepeitscht und von Hexen geritten, zumindest sehen ihre Bilder so aus. 

Aber, wichtiger Nachsatz: Vor meiner Abreise nach Rom ging mir eine Einladung zur Vernissage von Rotations in der Heidelberger Prinzhorn-Sammlung zu, einer Installation des 1969 geborenen venezolanischen Künstlers Javier Téllez, die vorgestern eröffnet wurde und bis zum 10. Februar 2013 zu sehen sein wird. Téllez hat sich mit dem Schicksal der Sammlung in der Nazi-Zeit auseinandergesetzt.

 

 

 

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