Das Licht hinter der Dunkelheit

Der Schweizer Therapeut Carlo Zumstein schrieb 2005 ein Buch über Depressionen – Reise hinter die Finsternis. Hat mich natürlich interessiert, und seine schamanischen Reisen genauso. Unsere Seelenglut, unsere Lebenskraft ist verschüttet, und wir müssen sie befreien.

Ich sinke ja auch immer wieder in dunkle Täler, meist geht es um Versäumtes in der Vergangenheit, und man kann leicht sagen, das ist vorbei, wenn es beharrlich jeden Morgen nach dem Aufstehen wiederkommt. Hallo, da bin ich wieder! Erinnerst du dich?

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Zumstein meint, wir kennen nur das Wachstum und die Sonne, die am Himmel steht; aber wir verpassen die Wandlung und das Licht hinter der Dunkelheit. Wir müssten uns hineinsinken lassen (ohne uns völlig aufzugeben, versteht sich), statt uns verzweifelt wieder ans Funktionieren zu gewöhnen. Der Geist läuft, nur der Körper will ruhen. Etwas sagt: Du musst dich ändern. Es ist ein Auftrag. Ich habe mich ihm oft verweigert, hätte hineinspringen und handeln sollen; stattdessen zögerte ich und handelte mir die große Reue ein.  

Angst vor Veränderung. Und vor der Dunkelheit. »Die Angst vor der Dunkelheit ist das erste, was wir Menschen lernen, die Angst unserer Eltern vor der Dunkelheit. Und wir vergessen die Dunkelheit der Gebärmutter, das Gefühl des Aufgehobenseins, des Genährtseins. Wir vergessen, dasss dort die Quelle der Lebenskraft ist, die wilde ursprüngliche Kraft, die Keimkraft.« Zwei Beiträge habe ich über das Buch von Roger Ekirch über die Nacht im Mittelalter geschrieben, was mich schon immer fasziniert hat (Werke der Dunkelheit; Leben im Mittelalter).

Einer von Zumsteins Lehrern (in einer anderen Dimension), Anaru, sagte ihm: »Bei euch Menschen ist es wie beim Baum. Ihr streckt euch dem Licht, der Sonne entgegen, doch ihr habt auch Wurzeln. Ihr vergesst immer wieder eure Wurzeln, weil ihr euch frei überall hinbewegen könnt. … Die Sonne ist der Pol der Wachstumskraft. Die Erde ist der Pol der Keimkraft, der Entstehungs- und Wandlungskraft. Hier wandelt und stärkt ihr eure Seele. … in den Farben des Regenbogens leuchtet die Keimkraft der Seele.«

Versteh ich … Zu viel Kopf, zu viel Herumschweben, zu wenig Erdung. (Mit wem habe ich kürzlich darüber gesprochen? Ach ja, mit Franziska, hab sie auf das Buch Hara von Karlfried Graf Dürckheim hingewiesen.) Das Licht hinter der Finsternis, das am Ende des Tunnels ist aber auch eine feste Größe. Der Baum des Wissens, der bei der Erbsünde eine Rolle spielte, ist der Baum des linken Lichts, besteht aus den zehn Qliphoth und steht im Norden. Die Qliphoth sind bei der Kabbala die Gegenstücke zu den zehn Sephiroth, den heiligen Namen oder Attributen Gottes; sie sind die Gegenwelt zur unsrigen, sind die Bösen und tun alles, um das Gute zu verbergen oder zu verdunkeln.

Weilheim

Natürlich darf man die Qliphoth nicht mit der Keimkraft verwechseln, die in Malkuth liegt; gleichzeitig wissen wir, welche ungeheuren Energien auf der anderen Seite (sita achra) lauern. Was Menschen alles auf sich nehmen, böse Taten zu begehen! Eine ungeheure Hass-Energie wird da frei! Wir sind ja auch dunkel und wissen nicht genau, welche Strömungen in uns gegen uns arbeiten. Ein Autor (Will Parfitt, glaube ich) meint, wir würden entdecken können, »dass die radikalste Erleuchtung und das stärkste Licht in den dunkelsten Tiefen zu finden ist«. Nur müssen wir es anschauen, es akzeptieren (C. G. Jung meinte auch: den Schatten integrieren), in unser Wesen einbauen, es zu einer positiven Kraft umgestalten, dann haben wir gewonnen.

 

 

 

 

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