Walter und Nico

Über den leeren Platz vor dem Theater Gérard Philipe in St. Jean-de-la-Maurienne spülte der Mix von Radio Meuh, zwei Stunden lang, Disco und anderes Tanzbares aus vielen Genres, doch zehn Minuten daraus elektrisierten mich, und diese Musik kannte ich: The Fez von Steely Dan. Was für ein Drive, das packt dich und wirbelt dich herum!

Das hat mich wieder infiziert. Andauernd höre oder sehe (auf Youtube) ich Konzerte  der Band, wie jetzt gerade auch, 2006 in Charlotte, und dann lernte ich wieder, was ich vergessen hatte: Dass Walter Becker vor einem Jahr gestorben ist. Er komponierte zusammen mit Donald Fagen (piano) diese wunderbaren Songs, die man nicht genug rühmen kann. Ich weiß, Beiträge über Popmusik werden nicht gut gelesen auf manipogo und will dazu nur sagen: Wenn junge Menschen sich über die populäre Musik am Ende des 20. Jahrhunderts informieren wollen, reicht es, die Songs von King Crimson (England) und Steely Dan (USA) zu studieren. Led Zeppelin vielleicht noch, wegen der Elektro-Power.

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King Crimson machte die gewagteste, Steely Dan die eleganteste Musik jener Zeit, und beide haben den Texten immer viel Gewicht gegeben. Das Duo Fagen/Becker war eigentlich eher ein Projekt als eine Band. Ihre Musik war so schwer zu spielen, weshalb sie sich ihre Musiker immer nur aus den Besten zusammensuchten. Wie Michael Pilz in der Welt schrieb, mussten die beiden, als schon die Popmusik entwertet war, als Band auftreten, mit exquisiten Mietmusikern (mein Beitrag zur Band ist von 2013). Auf Youtube gibt es ein paar Konzerte von Steely Dan – schaut euch eins davon an!

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Außerdem gibt es einen neuen Film, der Nico, 1988 heißt. Damit konnte ich was anfangen. Der Film von Susanna Nicchiaretti behandelt das Leben der Berlinerin Christa Päffgen, die sich Nico nannte. Der Film kam zum 30. Todestag der Sängerin in die Kinos, die in Stil und Lebenswandel die Jahre der Rockmusik vorwegnahm.

Sie trug immer nur schwarze Kleider, lachte nie, hatte eine tiefe Stimme und kannte die größten Künstler ihrer Zeit. Sie ging früh nach Paris, war Ende der 1950-er Jahre das erste deutsche Topmodel und kam in New York mit Andy Warhol zusammen, der ihr dann eine Band verordnete: The Velvet Underground. Mit dabei: Lou Reed, der geniale Gitarrist (2013 gestorben), und John Cale (den ich sogar mal live in Freiburg gesehen habe).

In den letzten Jahren war sie nicht mehr von Heroin abhängig, und auf Ibiza war es, dass sie mit dem Fahrrad tödlich verunglückte, 1988. Es war das Jahr, in dem eine neue Zukunft begann: Techno trat von der spanischen Insel seinen Weg in die Welt an. Nico hätte gut dazu gepasst, auch wenn Techno kaum Gesang hat. Sie hätte nur auf der Bühne stehen müssen, sie hatte einfach Stil und sah überall gut aus.

 

 

 

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