Windpferd entfesseln

Ich hatte einmal den Beitrag Unsere fylgia geschrieben, der die Verbindung zwischen dem Rad und dem Pferd hervorhob. Durch die Runenkunde war ich darauf gekommen. Das Windpferd knüpft daran an und ist ein schönes Konzept. Es entstammt dem tibetischen Buddhismus.

In der Lehre des Shambhala-Kriegers bedeutet das Windpferd entfesseln, sich auf das Energiefeld um uns her einzustellen, es aufzuwühlen und frische Energie auszusenden. Jeremy Hayward schreibt in seinem Buch Sacred World (1995):

Die Windpferd-Energie ist mächtig und edel wie das Pferd, kraftvoll, rasch und unvorhersehbar wie der Wind. … Windpferd ist deine Kraftquelle, und wenn du es entfesselst, findest du deinen heiligen Ort, von dem du losgehen und der Welt begegnen kannst. Wie immer auch deine Bedingungen aussehen mögen, wenn du das Windpferd entfesselst und dich mit der Energie-Powerbank der Welt verbindest, kannst du Güte und Hilfsbereitschaft aus deinem Herzen anderen zusenden.

Pferde in der Camargue

Pferde in der Camargue

Das Pferd steht für die Fähigkeit des Menschen, auf der Energie des Windes zu reiten. Der Tune dazu ist Ride Like the Wind von Christopher Cross – hier in einer Live-Aufnahme von 2012. Unvergesslich. Durch die Anmut und die Kraft des Pferdes konnten Menschen weite Entfernungen zurücklegen. Das Pferd symbolisiert den Wunsch, »ein wildes Tier zu bändigen, den Wind einzufangen, eine Wolke, den Himmel, auf dem Berg zu tanzen oder mit einem Wasserfall«, meinte Chögyen Trungpa.

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Der Autor in Frankreich (1995)

Der Wind steht für die Energie um uns her. Windpferde oder lungta auf Tibetisch heißen auch die farbigen Gebetsfahnen. Mit jedem Flattern der Fahne, so wird gesagt, galoppieren die auf dem Baumwollstoff aufgedruckten Pferde mit Gebeten in den Wind hinaus, umrunden den Globus und fördern das Wohlergehen aller fühlenden Wesen. Die Seele und die Lebenskraft hatten immer mit dem Wind (und dem Atem) zu tun, sie hieß pneuma bei den Griechen oder chi im Osten. Chögyam Trungpa sagt zum Windpferd:

Ein derartiger Wind kann mit großer Kraft daherkommen. … Die persönliche Erfahrung dieses Windes äußert sich als das Gefühl, völlig und machtvoll in der Gegenwart zu leben. Der Aspekt des Pferdes gibt dir, trotz der Macht des Windes, die Stabilität. … Du kannst auf der Energie deines Lebens reiten.  

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Im Orient ist der Segen eines solchen Zustands als baraka bekannt, und auch das Charisma hat damit zu tun. Und der Flow – die Synchronisierung von Geist und Körper, so dass Gedanken von der Handlung nicht zu trennen sind. Du überlässt dich dem Strom des Lebens, du bist für kostbare Minuten ichlos, und es geschieht einfach, du bewegst dich überirdisch harmonisch.

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Man könne das Windpferd hier, jetzt und einfach so entfesseln, meinte der tibetische Lama Chögyam Trungpa, aber aus Büchern lasse es sich nicht lernen. Es müsse weitergegeben werden. Wenn du es richtig tust, fühlst du dich wie die Königin oder der König deiner Welt. Du lebst in deinem heiligen Palast, aus dem heraus du deine Mitmenschen lieben und deine Welt bereichern, sie mit deiner Lebenskraft beschenken kannst.

 

 

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