Kanonen unterwegs

Meine Kolumne in der Kritischen Ausgabe plus aus Bonn, die von 2006 bis 2012 lief, will noch etwas ausgewertet werden. Die Artikel sind immer noch verfügbar, es sind 205. Ein Kollege sagte damals: »Bei der Seite kamen sie mit deiner Produktivität nicht zurecht.« Darum gründete ich manipogo. Um drauflosschreiben zu können. Ich will ein paar Artikel aus der der KA+-als Link vorstellen und sie mit ein paar Sätzen kommentieren. 

Tolstoj1895Nachtrag zu Tolstoj nennt sich ein Artikel aus dem Jahr 2010. Damals jährte sich der Todestag von Lew Nikolajewitsch Tolstoj zum 100. Mal. Im Museum Strauhof in Zürich hatten sie sogar ein Fahrrad ausgestellt, wenngleich nicht eines, das er selber bewegte, denn der Import aus Russland wäre sogar für die Schweizer zu teuer gewesen. Er fuhr jedenfalls gerne Fahrrad, das merken wir uns. In dem manipogo-Artikel Auferstehung wird es gezeigt, und links sehen wir Tolstoj mit Frau und Rad (1895).

poser_windschattenRadfahrer sind ja gern im Windschatten unterwegs, und erst vergangenen Monat habe ich darüber geschrieben. Ich fuhr mit meinem alten goldenen Volvo jahrelang auf Autobahnen stoisch hinter Lastwagen her, um Benzin zu sparen. Merkwürdige Geschichte. Ich übe das auch nicht mehr aus, dennoch ist und bleibt Im Windschatten ein toller, mutiger Artikel. Auch witzig ist er.

Kanonen unterwegs rezensierte anlässlich einer Tour de France das Buch Giganten der Landstraße von André Reuze, 1925 erschienen. Ich finde, da habe ich die faschistoide Sprache der damaligen Zeit vor dem Nationalsozialismus gut herausgearbeitet. Der Sport war ja auch immer ein Tummelplatz der Kämpfer, die in anderen Jahren sich eben auf dem Schlachtfeld bewegten.

Ulle2006 nahm ich die Tour de France wieder zum Anlass für einen Beitrag. Es war die letzte, die ich bewusst verfolgte, denn Jan Ullrich war ausgeschlossen worden. Ich stellte das Buch Der bedeutungsvolle Andere von Matt Rendell vor, und es gab meinem Artikel jenen Titel. (Rendell lässt einen kolumbianischen Profi zu Wort kommen, der ein hochbezahlter Wasserträger ist.) Ich erwähnte, dass die Profis schon manchmal wegen schlechter Behandlung gestreikt hätten und empfahl den Zuschauern dasselbe. Doch da kann man lange warten, bis die Konsumenten begreifen, dass ihr Geld, gezielt eingesetzt, die Welt verändern helfen kann.

Eine leise und kurze Liebeserklärung an das Fahrrad ist 1. Goethe (Team Cotta). Goethe ist der Kapitän, Schiller steht ihm zur Seite und kann das grüne Trikot holen (wie früher Zabel), vorn stehen Schelling und Herder im Wind. Ich habe mich dabei an Giovanni Orelli orientiert, der in seinem Buch Il sogno di Walacek alle möglichen Fußballteams aufbietet: mit griechischen Philosophen, Feldherren, Malern und mehr. Ein Schweizer Team lautet so: Jung; Paracelsus, Gessner; Hodler, Bachhofen, Vadian; Koblet, Walacek, Ramuz, Grock, Constant.

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2006 schrieb ich Zum elften September und erinnerte an den Anschlag auf die Twin Towers, der damals erst 5 Jahre her war. Ich schrieb:

Auf dem Ostfriedhof in St. Gallen (Schweiz) habe ich einen Grabstein entdeckt mit einer Inschrift von Platon: »Zu den Sternen blickst du, mein Stern / Oh, wär ich Himmel, / Um mit tausend Paar Augen, / dich wieder zu sehen.« Der Stein ist für Micky Theodoridis, geboren 20.9.1968, und Rahma Salie, geboren 22.2.1973. Gestorben sind sie beide am 11. September 2001. Mehr weiß ich nicht. Vermutlich ein Autounfall.

So formulierte ich das. Ein oder zwei Jahre später erreichte mich eine Mail, in der es hieß: Die beiden sind in der Tat beim Anschlag in New York ums Leben gekommen. — Da war ich platt.

Zu lange soll es nicht werden, zumal es ja die Links gibt. Würde mich freuen, wenn ihr ein paar anklicken würdet!

 

 

 

 

 

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