Ich lade die Pappeln ein

1959 hatte Salvatore Quasimodo, der Sizilianer, den Literatur-Nobelpreis erhalten. Im November 1965 lag er im Krankenhaus von Sesto San Giovanni bei Mailand und schrieb ein kleines Gedicht, das uns hier beschäftigt. Plötzlich hat man nichts mehr zu tun und wartet und weiß nicht worauf. Man hofft bloß, wieder herauszukommen. Zweieinhalb Jahre hatte er da noch zu leben.

Das Meer, das man immer wieder hört, hatten wir ja schon zwei Mal gebracht, es ist ein sehr schönes Gedicht; das vom November 1965 ist ihm ebenbürtig, es leuchtet inmitten vieler Schatten. Erst meine Übersetzung, dann das Original.

Ich habe Blumen, und in der Nacht lade ich die Pappeln ein

Mein Schatten ist auf einer anderen Mauer
des Krankenhauses. Ich habe Blumen, und in der Nacht
lade ich die Pappeln und Platanen im Park ein,
Bäume ohne Blätter, nicht gelb,
fast weiß. Die irischen Nonnen
sprechen nie vom Tod, es scheint,
der Wind bewege sie, und sie wundern sich nicht,
jung und freundlich zu sein: ein Gelübde
befreit sie in den bitteren Gebeten.
Mir kommt es vor, als wäre ich ein Emigrant,
der eingepackt in dicke Decken wacht,
ruhig, auf dem Boden. Vielleicht sterbe ich immer.
Doch ich höre gern die Worte des Lebens,
die ich nie verstanden habe, ich verkneife mir
weitergehende Hypothesen. Sicher kann ich nicht fliehen;
ich werde dem Leben und dem Tod treu sein
im Körper und im Geist
und in jeder vorgegebenen Richtung, sichtbar.
Bisweilen überkommt mich eine
leichte Ahnung, eine geduldige Zeit:
der absurde Unterschied zwischen
dem Tod und der Illusion,
dass mein Herz noch schlägt.

Ein Krankenhaus im Südosten Ungarns

Ein Krankenhaus im Südosten Ungarns, fotografiert 2008

 

Ho fiori e di notte invito i pioppi

La mia ombra è su un altro muro
d’ospedale. Ho fiori e di notte
invito i pioppi e i platani del parco,
alberi di foglie cadute, non gialle,
quasi bianche. Le monache irlandesi
non parlano mai di morte, sembrano
mosse dal vento, non si meravigliano
di essere giovani e gentili: un voto
che si libera nelle preghiere aspre.
Mi sembra di essere un emigrante
che veglia chiuso nelle sue coperte,
tranquillo, per terra. Forse muioio sempre.
Ma ascolto volentieri le parole della vita
che non ho mai inteso, mi fermo
su lunghe ipotesi. Certo non potrò sfuggire;
sarò fedele alla vita e alla morte
nel corpo e nello spirito
in ogni direzione prevista, visibile.
A intervalli qualcosa mi supera
leggera, un tempo paziente,
l’assurda differenza che corre
tra la morte e l’illusione
del battere del cuore.

 

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.