Cycling4Fans (3)

Die Radsportsaison hat geendet, für die Profis gewiss und für manche Freizeitradler auch. Andere holen ein paar Paare Handschuhe, Stirnbänder und Schals aus einem oberen Fach des Schranks und fügen sich ins Unvermeidliche. Wo war die Regenhose? Gamaschen sind auch wichtig. Aber Vorsicht. Eine hatte sich bei mir vor 2 Jahren im Pedal verhakt, ich stürzte und brach mir den Ellebogen.

Wegen der Überschrift müssen wir auch über die historisch geprägte Internetseite cycling4fans reden, die ich vor einem Jahr vorstellte und für die ich viele Beiträge geschrieben hatte. Sie war lange abgemeldet, wegen technischer Probleme. Jetzt ist sie aber wieder da, noch nicht voll, aber da! Ich empfehle euch den Artikel von Anna Muratore über Alfonsina Strada, eine Italienerin, die 1924 einen der strapaziösesten Giro d’Italia durchstand, der Etappen von 250 bis 400 Kilometern Länge bot und mieses Wetter dazu; schon im Juni 2015 hatte ich ihn gepriesen, den Artikel. Das Stichwort Historisches (unter der Rubrik »Informatives« links außen) führt übrigens zu hochinteressanten Beiträgen.

DSCN2243Die letzte Septemberwoche bot uns noch grandioses Wetter, ich hatte eine Woche frei und fuhr jeden Tag nach Frankreich, legte insgesamt 500 Kilometer zurück. Meine vorletzte Tour fand bei sturmartigem Wind statt, der mich rasch durchs Elsass trieb, wobei ich an vielen Kastanienbäumen vorbeijagte, die ihre Früchte und deren dornbewehrte igelartigen Behälter abgeworfen hatten, und in Deutschland dann hatte ich die erste Reifenpanne seit Jahren. Dabei merkte ich, dass beide Mäntel total abgefahren waren (nach zwei Saisons kein Wunder), und Kette und Antrieb werden auch fällig werden, neues Lenkerband wäre schön, neuer Sattel auch, das wird wohl einen Tausender kosten. Meine Schwester fragte: Warum kaufst du dir nicht gleich ein neues Rad? Ach, man ist sentimental, und wenn alles an der Wilier Triestina erneuert sein wird, ist es ja eigentlich ein neues Rad.

DSCN3712Radsport verfolge ich kaum mehr, aber wenn ein Rennen im Fernsehen kommt, bin ich dran. Ein Heimbewohner sah die Übertragung des Rennens von Eschborn nach Frankfurt, und als ich es entdeckte, waren noch 137 Kilometer bis zum Ziel zu fahren. Da rechnete ich nach und dachte mir: In drei Stunden kannst du wieder reinschauen. Und ich fragte mich, was das für Leute sind, die drei Stunden zusehen, wie 180 Leute kompakt und schnell dahinradeln, wobei man dem Peloton die 40 bis 50 Sachen nicht ansieht. Die rollen scheinbar dahin, aber was kann man als Reporter viel dazu sagen?

Die beiden Ausreißer wurden natürlich überrollt, am Ende gab es einen Massenspurt, und vermutlich waren die ersten fünf mit 60 Sachen unterwegs, und einer drehte sich da noch drei Mal um, damit er seine Kontrahgenten einschätzen konnte. Und dann spurteten sie los, das ist unglaublich, welche Gewalt, da fahren sie 70, und Jasper Philippsen aus Belgien hatte die Nase und den Lenker vorn. Während der Sendung gedachte man des ehemaligen Profis Chris Anker Sörensen, der bei der Besichtigung der Strecke der Fahrrad-Weltmeisterschaft von einem Auto erfasst und getötet worden war. Er wurde 37 Jahre alt und war Vater zweier Kinder. Vergessen wir es nicht: Radfahren ist gefährlich.

Im Jahr 2010 gab es erstmals mehr als eine Milliarde Automobile auf der Welt. Jährlich laufen 80 Millionen neue vom Band, also stehen wir heute bei 1,7 Milliarden — bei einer Erdbevölkerung von knapp acht Milliarden. Auf 9 Menschen entfallen also 2 Autos. Man stelle sich ein großes Zimmer vor: 9 Menschen, 2 Autos. Die Autoobile haben uns längst in die Ecke gedrängt, und es hat kein Ende.

Eine Woche nach später fand in Belgien die Fahrrad-Straßenweltmeisterschaft statt. Julian Alaphilippe aus Frankreich wiederholte seinen Sieg von 2020 und ist einer der wenigen, die ihren Titel verteidigen konnten (oder die mehrmals gewonnen haben). Und schöner Schlusspunkt der Saison war am 3. Oktober das Rennen von Paris nach Roubaix, und drei Fahrer, die so grau von Staub und Dreck waren, als kämen sie geradewegs aus dem Kohlenkeller, näherten sich dem Ziel, und der Italiener Sonny Colbrelli setzte sich durch. Sein minutenlanges Schreien und Lachen vor Freude, auf der Erde liegend, prägte sich ein. Erstmals wurde das Rennen auch für Frauen ausgetragen, und nach einem langen Soloritt kam die Britin Lizzie Deignan als erste ins Ziel.

 

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