Die Helfer (8): Our Son

Von Geistergeschichten kann man nicht genug kriegen — zumal wenn sie wahr sind, es also Zeugen für sie gibt. Unsere erste Geschichte wird von Dwight Boyer erzählt, der ein Buch über Geisterschiffe auf den Großen Seen der Vereinigten Staaten geschrieben hat. Sie spielt im September 1930 am Lake Michigan, der immerhin 500 Kilometer lang ist. Ein Sturm kam auf und bedrohte den Schoner Our Son

service-pnp-cph-3a00000-3a06000-3a06900-3a06989rDer Dreimaster war 1875 in Ohio von Kapitän Henry Kelley gebaut worden und fast fertig, als einer von Kelleys kleinen Söhnen in der Nähe der Werft in den Black River fiel und ertrank. Also bekam das Schiff den Namen »Our Son« (Unser Sohn), der in den 55 Jahren, während denen der Segler aktiv war, von keinem der Besitzer geändert wurde. Das bereits müde wirkende Schiff transportierte Papierbrei zur Central Paper Company in Muskegon, Michigan, und hätte es am folgenden Nachmittag geschafft. Es war das vorletzte noch aktive Segelschiff auf dem Michigan. Ein plötzlicher Sturm zerfetzte alle Segel, hohe Wellen brachen über das Deck und sorgten für ein Durcheinander aus Tauen und Holzwerk, und Wasser trat ein. (Illustration: Der Schoner »John R. Beigen«, fotografiert zwischen 1890 und 1900 von Jackson & Shark; Dank an Library of Congress, Wash. D. C.)

Die Our Son war dem Tod geweiht. Sie hatte weder Radio noch Bordfunk. Kapitän Fred Nelson war tief gläubig und betete lieber. Er hoffte verzweifelt, Hilfe würde eintreffen, und da er daran glaubte, hielt er mit seinen fünf Leuten noch aus. Indessen kämpfte hoch oben im Nordwesten auf dem See der Dampfer William Nelson gegen den Sturm; die Namensgleichheit (Nelson) ist ein hübsches Detail. Kapitän Charles H. Mohr hatte schon beschlossen, an der Washington Island vor Anker zu gehen.

service-pnp-cph-3a30000-3a39000-3a39800-3a39841rDoch dann geschah etwas Unerwartetes. »Es war, als ob eine zwingende, aber unbewusste Kraft ihn geleitet hätte«, schreibt Boyer, der Autor. Kapitän Mohr änderte plötzlich den Kurs und befahl sein Schiff die Ostküste des Sees entlang, durch die gefürchtete Manitou-Passage. Die Mannschaft muss verwundert, sogar empört gewesen sein. Gnadenlos fielen Brecher über das Schiff herein. Die Bullaugen wurden eingedrückt. Wasserdichte Türen sprangen auf. Dort, wo sich die William Nelson entlangkämpfte, fand an Land eine kleine Party statt, in deren Verlauf Joseph A. Sadolny, ein Freund von Kapitän Mohr, ein Schiff beschrieb, auf dem er nicht sein wollte: die Our Son. (Hier zeigt das Bild den Dampfer Frank Jones, fotografiert 1892)

Der neue Tag brach an. Our Son, die tausend Tonnen Eisen mit 15 Knoten schleppen konnte, lag todwund darnieder. Am Nachmittag um drei Uhr kam die William Nelson in Sicht, und für deren Kapitän Charles Mohr war es schon die fünfte Havarie, bei der er Menschen retten konnte, bislang 19. Er hatte wohl wirklich einen sechsten Sinn, sonst wäre er nicht so oft zur rechten Zeit am richtigen Platz gewesen. Wie nun auch. Mohr funkte SOS, eine Autofähre kam herbei, Öl wurde auf die Wogen gegossen, und das Dampfschiff näherte sich so weit dem Segler, dass dessen Männer hinüberspringen konnten. Am frühen Abend erreichten die Schiffe Süd-Chicago.

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In der zweiten Geschichte half ein Geist, der noch lebte. Der Maat Robert Bruce erzählte sie Kapitän J. S. Clarke, und dieser vertraute sie dem Parapsychologen Robert Dale Owen an, so dass die Episode, die 1828 geschah, 30 Jahre später bekannt wurde. Auf einem Schiff, das zwischen Liverpool und New Brunswick verkehrte, wollten Kapitän und Maat ihre Berechnungen vergleichen. Der Maat rief eine Frage über seine Schulter, keine Antwort kam, und so stand er auf — und sah sich einem gänzlich Unbekannten gegenüber, der etwas auf eine Tafel kritzelte. Robert Bruce suchte nun den Kapitän, doch als sie zurückkamen, war die Gestalt verschwunden. Auf der Tafel stand: »Steuert nach Nordwesten.«

Der Kapitän willigte ein. Warum nicht? Sie könnten höchstens ein paar Stunden verlieren. Um drei Uhr nachmittags näherten sie sich einem Eisberg, und ein Schiff lag in der Nähe fest. Es schien eingefroren, und es waren Leute darauf. Sofort schickte man ein Boot hinüber. Es handelte sich um einen Frachter, der von Quebec nach Liverpool unterwegs und dort hängengeblieben war, seit einigen Wochen schon. Die Situation war kritisch, denn die Vorräte und das Wasser gingen zur Neige. Ein drittes Boot holte Überlebende ab, und da erkannte Robert Bruce in einem der geretteten Passagiere den Fremden wieder. »Es war also doch kein Geist«, wandte er sich an den Kapitän. »Das ist der Mann.« Man lud ihn ein, etwas auf eine Tafel zu schreiben: Es war seine Schrift.

Man wollte wissen, wo sich der Gentleman um Mitternacht aufgehalten habe. Er war zuvor in tiefen Schlaf gefallen, und als er nach einer Stunde erwachte, sagte er mir mit großer Überzeugung, wir würden heute noch gerettet werden, erinnerte sich ein Mitreisender. Er habe gesagt, an Bord eines Schiffes gewesen zu sein, das zur Rettung kommen würde. Der Passagier beteuerte, sich nicht an seinen Traum erinnern zu können, auch wenn die Einrichtung des Schiffes hier ihm ungeheuer vertraut vorkomme.

Anscheinend entfernte sich in der Gefahr die »Seele« des Mannes, und, reisend in seinem Astralkörper, fand er das Schiff. Normalerweise sind Astralreisende für andere unsichtbar, aber bisweilen werden sie wahrgenommen. Es gibt Fälle, in denen jemand seine Astralreise beweisen wollte und versprach, er werde zu einer gewissen Stunde an einem gewissen Ort sein; und Zeugen spürten etwas. In dem Beitrag Flugverkehr (63): Hypnose und Astralreisen habe ich dieses Vorgehen geschildert.

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