12 Jahre Bukow und König
Vor drei Tagen nahm Sascha Bukow seinen Abschied bei der Rostocker Polizei und verließ auch seine Kollegin Katrin König, nachdem die beiden schon vage Heiratspläne geschmiedet hatten. Damit ist das Ermittlerduo von Polizeiruf 110 mit seiner latent explosiven Erotik aufgelöst, das 24 Rostock-Folgen der Krimiserie in 12 Jahren prägte.
Der Bukow-Darsteller Charly Hübner hatte nach 12 Jahren keine Lust mehr und wollte aussteigen. Also hieß die Frage: Wie wird sich sein Abschied vollziehen? Wird er sterben müssen? Nun wissen wir es (seit dem vergangenen Sonntag, 21.45 Uhr). Bukow ließt sich mit einem üblen Schwerverbrecher ein, der seinen Vater in den Tod geschickt hatte und Katrin König zu erpressen in der Lage war. Ich konnte kaum hinsehen und wanderte in meinem Zimmer auf und ab, und dann löste sich alles auf: Bukow erschoss den Mann. Dann packte er seine Sachen auf einen Pickup, gab seinem Vorsitzenden Dienstwaffe und Ausweis und fuhr weg, nicht ohne zu verheißen, er komme vielleicht einmal wieder.
Irgendwie bleibt der Krimi in der Familie, denn die künftig neue Frau im Duo mit Katrin (Anneke Kim Sarnau) ist mit Hübner verheiratet. Ein Trost. Hoffentlich hat sie was bei Charly gelernt. Die Drehbücher der Serie schrieb von Anfang an Eion Moore. Der Mann mit dem exotischen Vornamen wurde 1968 in Dublin geboren: ein Ire. Das muss man erst einmal hinkruiegen, zwei komplizierte Charaktere aufzubauen, sie zusammenwirken und dann sich lieben zu lassen, und Liebe und Karriere waren bei Bukow/König immer prekär und bedroht. Und beide bewegten sich oft an der Grenze zur Illegalität, und vermutlich geht das nicht anders, wenn man Kontakte zur anderen Seite (der Kriminalität) hat.
Vor vier Jahren wurde Lena Odenthal, die Tatort-Kommissarin aus Ludwigshafen (Ulriker Folkerts) von ihrem Partner Mario Kopper getrennt, nach 22 Jahren zusammen mit insgesamt 56 Folgen. Bei seinem letzten Auftritt erschießt Kopper in einer Bar einen Killer und taucht danach unter. Auch hier wird durchgespielt, was sich ein Polizist vielleicht manchmal wünscht: das Böse einfach eliminieren zu können. Das muss befreiend wirken.
Statt dessen muss man Beweise zusammenklauben, die so stichhaltig sein müssen, dass ein Richter ein Verfahren eröffnet. Der Rechtsstaat verlangt es. Auch wenn zwei oder drei Übeltäter straflos davonkommen, weil sie schlaue Anwälte hatten, ist das kein Argument dagegen. Das Böse einfach auszuschalten, kann nicht gelingen. Der Böse ist vielleicht nur fehlgeleitet, jedenfalls ist er der Repräsentant eines schlechten Systems, der sühnen soll. (Ob eine Freiheitsstrafe das probate Mittel dafür ist, lassen wir einmal undiskutiert.)
Wir haben auch die Todesstrafe abgeschafft. Wer jedoch Selbstjustiz übt, verstößt damit gegen die ältesten Prinzipien der Polizeiarbeit. Das muss zu Gewissensbissen führen. Das Böse lässt sich nur durch Überzeugungsarbeit abmildern, nie durch Gegengewalt. Durch einen Mord führen wir nur der anderen Welt ein schlechtes Element zu, und dort gibt es auch Zonen himmelschreiender Grausamkeit.
Bukow wird vielleicht nicht so weit fahren, vielleicht nur ins Baltikum, und sich dort ein Haus am Meer mieten. Dort wird er dann fischen, Wodka trinken und von Katrin König träumen, und in drei bis vier Jahren bekommt er (wenn sein Darsteller zustimmt) wieder einen Gastauftritt beim Polizeruf 110, was wollen wir wetten?