Weisheit durch George Valiantine

Die Rechten in der Politik wurden gestern vorgestellt. In der Psi-Szene entspricht den Rechten die pseudowissenschaftliche Gruppe der skeptischen »Aufklärer«, die mit ähnlicher Selbstgewissheit und Durchschlagskraft dem angeblich gesunden Menschenverstand zum Sieg verhelfen wollen. Sie bekämpfen alles, was paranormal daherkommt, und Wikipedia gehört zu ihnen.

RHeute soll es um die Séancen des US-Amerikaners George Valiantine (1874-1947, links im Bild) in den längst vergangenen Jahren zwischen den beiden Weltkriegen gehen. H. Dennis Bradley (1846-1934) veranstaltete sie und schrieb darüber das Buch The Wisdom of the Gods: Fantasy, Fraud or Fact? Es ist kürzlich von White Crow Books in England neu aufgelegt worden, mit einem Vor- und Nachwort von dem rührigen Michael Tymn.

Phantasie, Betrug oder Faktum? So lautet ja der Untertitel des Buchs. Harry Price entdeckte einige Unregelmäßigkeiten in Valiantines Praxis, und 1931 wurde er bei einem Betrugsversuch erwischt: Die Daumenabdrücke von Sir Arthur Conan Doyle waren die von den großen Zehen des Mediums. Doch widerlegt das alle anderen wundersamen Dinge, die durch Zeugen einwandfrei belegt sind? Das berühmte neapolitanische Medium Eusapia eusaPaladino rief einmal aus: »Passt auf mich auf, sonst leg‘ ich euch rein!« Medium sein ist ein Gewerbe im Halbdunkel, ein fadenscheiniges Gewerbe, und die Versuchung, es sich mal leicht zu machen, mag da sein. Wir aber glauben an die Stichhalktigkeit der Séancen mit George Valiantine, die immer gut dokumentiert wurden, und die Anwesenden unterzeichneten ein Protokoll.

Der Amerikaner war wenig gebildet und konnte nur Englisch. Und dennoch meldeten sich in den acht Jahren der Séancen Gesprächspartner aus dem Jenseits, die durch Valiantines Mund Deutsch, Schwedisch, Dänisch, Französisch, Hindi, Walisisch, Japanisch und chinesische Dialekte sprachen. Die Neugierde war groß damals, und auch bekannte Persönlichkeiten ließen sich auf eine Valiantine-Séance ein. Rasch meldete sich jemand, und um das Medium her erhoben sich Stimmen, die etwas zu sagen hatten.

1931 meldete sich Sir Arthur Conan Doyle zu Wort, der Schöpfer des Sherlock Holmes. Seine Frau Jean und ihr Sohn Adrian waren anwesend und überzeugt davon, dass Sir Arthur sich gemeldet habe. 1925 wollte sich die Schauspielerin Billie Carleton, 1918 an Opium gestorben, mit ihrer Kollegin Fay Compton unterhalten, die hinterher für dieses »wundervolle Erlebnis« dankte. 1924 war der Geist von Lord Northcliffe zugegen, der vor seinem Tod 1922 die Zeitungen Daily Mirror und Daily Mail besessen hatte, und da der Journalist Hannen Swaffer an der Séance teilnahm, erfuhr dieser von seinem alten Chef, wie man eine Zeitung richtig führe.

Dennis Bradley übrigens war, lang nach seinem Tod, Gast bei einer Weihnachtsbaum-Séance von Minnie Harrison und ließ Grüße zurück, und Sir Arthur Conan Doyle kam auch (im drittletzten Absatz). Schön, dass das Bradley-Buch wieder neu vorliegt. Bevor ich es mitkriegte, dachte ich mir: Man müsste mehr über die Psi-Geschichte schreiben. Die Jahre von 1850 bis 1930, für die Michael Tymn Experte ist, waren äußerst fruchtbar.

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