Der Weg des Samurai
Das Buch über die Kriegskunst brachte mich auf den japanischen Samurai, den manipogo schon im Zusammenhang mit dem Schwert und der Liebe erwähnt hat, aber noch nicht zur Gänze. Wir müssen erst darauf hinführen, dann können wir Hagakure von Jōchō Yamamoto (1659-1716) vorstellen, das Yukio Mishima einst wiederbelebt hat.
Da kam mir eine Erinnerung: Als ich ein Junge von 15 Jahren war, faszinierte mich die US-Fernsehserie Kung Fu, in der David Carradine (1936-2009) die Hauptfigur Kwai Chang Caine verkörperte (links in späteren Jahren). Caine agiert im Wilden Westen, aber immer wieder gibt es Rückblicke auf seine Zeit in einem Zen-Kloster. Später dann, im Jahr 2000, drehte Jim Jarmusch Ghost Dog — Der Weg des Samurai mit Forest Whitaker in der Hauptrolle. Die Musik kam von RZA und vom Wu-Tang Clan, war gerappt und etwas völlig Neues. Als Ghost Dog seinem Ende entgegengeht, übergibt er seiner kleinen Freundin Pearline das Buch Hagakure, aus dem sie etwas vorliest und das uns bald beschäftigen wird.
Carradine spielte auch bei Quentin Tarantino mit, in den beiden Filmen Kill Bill (2003 und 2004). Kürzlich schaute ich mir Kung Fu Killer 2 an, einen etwas schematischen und gewalttätigen Film, doch David Carradine ist immer der würdige Zen-Meister, der am Ende im Duell seinen früheren Mönchsbruder besiegt, und als dieser stirbt, stellt sich Versöhnung zwischen den beiden ein.
Unbedingt noch zu erwähnen: der Film Die sieben Samurai von Akira Kurosawa (1910-1998), einer der einflussreichsten japanischen Filme überhaupt. Mit 3000 Mitwirkenden schuf ihn Kurosawa 1954, und ein Jahr dauerten die Dreharbeiten. Der Regisseur ließ immer drei Kameras gleichzeitig laufen. Die Samurai helfen armen Bauern, die von Banditen bedrängt und ausgeplündert werden.
Yukio Mishima (oder Mishima Yukio, in Japan nennt man den Nachnamen zuerst) war ein japanischer Erfolgsautor, der 1969 sogar für den Literatur-Nobelpreis nominiert war. Am 25. November 1970 drang er in das Büro des Generals der Streitkräfte ein, nahm ihn als Geisel, hielt eine Rede, verteilte Flugblätter und nahm sich danach auf rituelle Art —mittels Seppuku — das Leben. Er war 43 Jahre alt. Drei Jahre vorher hatte er Hagakure mit Kommentaren herausgegeben, gewissermaßen als persönlivhes Vermächtnis.
Daisetz Teitaro Suzuli wies in Zen und die Kultur Japans darauf hin, dass Eisai (1141-1215) der erste Priester war, der Zen als buddhistische Lehre aus Indien nach Japan brachte. In Kyoto hatte er wenig Erfolg, doch in Kamakura, dem Sitz der Regierung herrschte eine kriegerische Kaste, die sich Zen zunutze machte. Tokiyori (1237-1263), Regent der Hojo-Dynastie, ließ sich 21 Jahre lang unterweisen, erlangte die Erleuchtung und starb; sein einziger Sohn Tokamune (1251-1284) gab sich auch dem Zen hin.
Suzuki schrieb:
In Japan ist Zen von Anbeginn seiner Geschichte mit dem Leben des Samurai aufs innigste verknüpft gewesen. Wenn es auch diesen niemals aktiv dazu aufgefordert hat, sein blutiges Handwerk fortzuführen, hat es ihn passiv doch darin bestärkt, wenn er aus irgendwelchen Gründen diese Laufbahn einmal betreten hatte. Zen hat ihn in zweierlei Weise, sittlich und weltanschaulich, gestärkt. Sittlich, denn Zen ist ein Glaube, der lehrt, nicht rückwärts zu blicken, wenn die Richtung des Weges einmal entschieden ist. Weltanschaulich, denn Leben und Tod sind für Zen nicht zweierlei Dinge.
Illustration: Japanischer Samurai, 1877 fotografiert von Stillfried & Anderson, Dank an Library of Congress, Washington D.C.